Gefühllosigkeit (Kein Mitleid) „Gefühllosigkeit: gefühllose Beschaffenheit; gefühlloses Wesen, Verhalten, Grausamkeit, Rohheit.„
Ich weiß nicht, was ich machen soll. Welches von den beiden Mädchen soll ich denn nun eigentlich heiraten?“ Mein ziemlich konservativer Freund wurde durch dieses unerwartete Vertrauen seines Arbeitskollegen verwirrt und fragte zurück: „Na, welche liebst du denn?“ „Ach, du meine Güte! Wer spricht hier von Liebe? Ich frage mich doch nur, welche mir von größerem Nutzen sein kann.“ Dieser junge Karrieremacher heiratete später ein schönes Mädchen aus einer reichen und angesehenen Familie. Nicht lange danach war er ein bekannter Mann im Unterhaltungsgewerbe. Er scheute sich nicht davor, seine Wohltäter mit Füßen zu treten. Hüten Sie sich vor einem Zusammentreffen mit Leuten dieser Gattung. Sie sind kalt, gleichgültig und bar jeglichen Gefühls. Sie haben weder Gewissen noch Gemüt. Auf dieser Stufe finden wir eine interessante Mischung der Eigenschaften von "Wut" und "Feindselliger" Ein derartiger Mensch legt mehr Feindseligkeit an den Tag als ein "Feindselliger"er, aber er platzt auch nicht vor Wut. Er bewegt sich vielmehr auf einem schmalen Grat und ist an seiner kühlen Selbstbeherrschung zu erkennen. („Ihre Sorgen interessieren mich nicht.“) Er errichtet eine Mauer zwischen sich und den andern, die er verletzt hat, damit er ja kein Mitleid empfindet und er wird seine Mitmenschen ganz gewiss verletzen. Wenn sich die Leute über seine Handlungen erregen (und viele tun dies), dann zeigt sich der Feindselligerer keineswegs erstaunt. Solche Gefühle erscheinen ihm irrationell. Seine undurchdringliche Starrheit ist auf sein ständiges Bemühen zurückzuführen, einen gewaltigen Zorn zu unterdrücken. Dieses Bemühen verlangt ein so hohes Maß an Anstrengung, dass er gleichzeitig alle Gefühle unterdrückt – sowohl die positiven als auch die negativen. Daraus ergibt sich natürlich ein Widerspruch: Wir haben also einen Menschen vor uns, der gefühlloswirkt, weil seine Gefühle eigentlich überstark sind. Er verdrängt alle Gewissensbisse wegen seiner früheren Taten. Er wagt einfach nicht, sich einmal zu entspannen, weil „Gefühl“ für ihn gleichbedeutend ist mit heftigem und unkontrollierbarem Zorn. Ich war einmal auf einer Gesellschaft, wo alle Anwesenden eine kurze Schilderung ihrer eigenen Person gaben. Einer der Gäste wies auf sein Emotionsniveau mit dieser Bemerkung hin: „Die meisten Leute meinen, ich sei ein Snob, aber ich bin ganz einfach nicht zur Geselligkeit geschaffen.“ Später sagte derselbe Mann zu mir: „Gewöhnlich verhalte ich mich gleichgültig und gefühllos, obwohl ich manchmal auch
aus der Haut fahre. Hinterher muss ich dann immer dafür büßen. Es ist wirklich schlimm.“ Das Liebesspiel Einige Leute auf Stufe Feindselliger der Skala lässt so ziemlich alles kalt, was mit der Liebe zu tun hat. Andere wiederum sind zwanghaft promiskuös. Wenn ein „Gefühlloser“ sich entschließt, den Liebhaber zu spielen, dann wird er meist zum „Herzensbrecher“, denn er hat genug Charme zu verströmen, der im allgemeinen nur dem "Apathie"er zu Gebote steht. Er versteht es demnach, sein Opfer zu ködern. Doch seine bald darauf einsetzende Gleichgültigkeit muss den Partner schockieren. Gibt sich ein solcher Mann gleichzeitig mit mehreren Mädchen ab, dann erzählt er der einen unbekümmert von den Intimitäten, die er mit der andern austauscht. Aus ihrer gegenseitigen Eifersucht macht er sich ein boshaftes Vergnügen. Manche Frauen auf Feindselliger der Skala sind in ihrem Verhalten schroff und erscheinen maskulin. Finden wir indessen eine Frau, bei der die dem Feindselligerer eigene Unnahbarkeit mit Weiblichkeit und Schönheit gepaart ist, dann wird diese Mixtur zu einem wahren Unheil für Männer. Ein junger Mann spielte einst erfolgreich die Rolle des "Apathie"ers („Liebe sie, und vergiss sie wieder“). Schließlich begegnete er einem Mädchen, das der Stufe Feindselliger zuzuordnen war. Ihre kalte Schönheit und eisige Zurückhaltung wirkten auf ihn wie eine Herausforderung. Er war überzeugt davon, hinter diesem verschlossenen Panzer müsse sich ein warmes Herz verbergen. Auch zweifelte er nicht daran, sie „herumzukriegen“. Aber er hatte seine Meisterin gefunden: Sie verstand das Spiel noch besser als er. Eine Weile nahm sie seine Aufmerksamkeiten hin. Dann jedoch ließ sie ihn kurzerhand sitzen. Sogleich sackte er auf der Skala ab. Zwar erholte er sich wieder, behielt aber die wehmütige Erinnerung an den Verlust seiner „einzigen wahren Liebe“.
Jahre später erst lernte er die Emotionsskala kennen.
„Ich bin ein bedeutender Mensch“ Leute dieser Sorte legen ihre Ansichten in knappen Worten dar. Falls Sie nicht mit ihnen übereinstimmen, dann haben Sie eben Pech gehabt. Wahrscheinlich werden Sie fortan ignoriert. Solche Menschen machen den Eindruck, starke Persönlichkeiten zu sein. Sind sie ehrgeizig, dann haben sie oft „Erfolg“, denn sie überrennen gnadenlos jeden, der sich ihnen in den Weg stellt: Sie wollen an ihr Ziel gelangen, und zwar um jeden Preis. Da sie so überaus vertrauenerweckend auftreten, ziehen sie häufig Leute mit niedrigerem Emotionsniveau an. Sie denken: „Hier ist endlich einmal ein Mann, der genau weiß, was er will.“ Nach kurzer Zeit aber sind sie verwirrt, verärgert und fragen sich: „Wie kann man nur so herzlos sein?“ Die „starken Persönlichkeiten“ jedoch verhalten sich weiterhin frostig und unfreundlich gegenüber den weniger Glücklichen. Sie beziehen Stellung zwischen dem Menschen, der offen zugibt, er sei „zu gut“ für andere (also Typ "Wut"), und jenem, der ganz ichbezogen ist (also dem "Apathie"er). Manchmal können diese Typen auch Exhibitionisten sein. Dann bringen sie ihre ganze Umgebung in Verlegenheit. Doch ist ihnen auch das egal. Ihre Gefühllosigkeit macht es ihnen beinahe unmöglich, selbst einmal verlegen zu werden. Deshalb können sie die Verlegenheit anderer gar nicht nachempfinden. „Das ist mein“ Ein solcher Mensch mag viel oder wenig besitzen – immer wird er sich wie ein "Wut"er verhalten: „Das ist mein“ – egal, wem die Sache wirklich gehört. Wenn es darum geht, sich die Habe, das Geld oder die Zeit anderer Leute anzueignen, kann er sehr skrupellos sein. Im täglichen Umgang Der Feindselligerer ist immun gegen Regungen wie Mitleid oder gar Verständnis. Er lebt in einer verschlossenen abseitigen Welt und schwankt zwischen gezwungener Freundlichkeit und vernichtendem Hass. Erzählen Sie ihm von irgendwelchen Schwierigkeiten, dann wird er Ihnen lediglich antworten: „Nun ja, das haben Sie sich schließlich selber eingebrockt.“ Er weigert sich, andere zu unterstützen. „Sie haben sich Ihr Bett selber gemacht. Jetzt legen Sie sich auch gefälligst hinein.“ Gewöhnlich meidet er den Umgang mit seinen Mitmenschen es sei denn, sie kommen seinem eigenen Gefühlsbereich nahe. Wenn er zuhören muss, dann wippt er ungeduldig mit dem Fuß und drängt zur Eile. Ist das Thema indessen skandalös oder aufregend, dann hat er schon eher Geduld. (Berichte über Gewalttätigkeiten faszinieren ihn.) Der Zorn auf Abwesende Oft erleben wir, dass sich ein derartiger Mensch über fern liegende Geschehnisse aufregt. Da er unfähig ist, jemandem seinen Zorn offen zu sagen, äußert er ihn indirekt. Beispielsweise sagt er: „Von mir aus können die eingehen.“ Bezeichnenderweise erzählt er dies jedoch andern Leuten, also nicht jenen, die „eingehen“ können. Ich war einmal Zeuge, wie ein Mann auf diesem Gefühlsniveau Unverschämtheiten über einen Dritten vom Stapel ließ, der noch in der Nähe stand. Vor einiger Zeit sah ich einen solchen Feindselligerer in einer Schlange vor dem Kassenschalter einer Bank warten. Plötzlich begann er, lauthals über den Schlendrian zu schimpfen, wobei er sich an die Umstehenden wandte. „Anscheinend arbeiten hier lauter Idioten. Was soll diese blöde Warterei? Die haben wohl bloß darauf gewartet, bis der ganze Saal voll ist, um dann ihren Kaffee zu trinken.“
Diese indirekte Form von Zorn ist charakteristisch für die Stufe Feindselliger. Ein Tobender auf "Wut" würde seine Wut dem Kassierer ins Gesicht hineinschreien. Ein "Apathie"er würde seine kritischen Bemerkungen erst nach Verlassen der Bank von sich geben. Gefühllosigkeit, die zwischen Prahlerei und Feigheit schwankt, drückt sich auch negativ aus – aber nicht in direkter Konfrontation. Fragwürdige Freundschaften Eine echte Freundschaft werden Sie mit einem Feindselligerer niemals schließen können. Er vermag Ihre Freuden nicht zu teilen und Sie auch nicht über Ihre Sorgen hinwegzutrösten. Kann er eine Verabredung nicht einhalten, dann denkt er gar nicht daran, Sie rechtzeitig anzurufen. Er reist urplötzlich nach Hongkong, ohne sich von Ihnen auch nur zu verabschieden. Er verschwendet keinen Gedanken an kleine Aufmerksamkeiten. Er ist im höchsten Grade rücksichtslos. Wie ein Pferd, das Scheuklappen trägt, betrachtet er alle Dinge dieser Welt allein aus seinem Blickwinkel. Verstört oder bestürzt er andere durch sein Benehmen, dann merkt er dies überhaupt nicht. Wenn er sich einmal dazu herablässt, eine Freundschaft mit Ihnen zu pflegen, dann wahrscheinlich nur deshalb, um Sie auszunutzen. Der Drang zum Zerstören Auf jedem Emotionsniveau gibt es einen Punkt, den man das eigentliche Erwachen nennen könnte: Auf dieser Basis erst kann der Mensch seine Eigenschaften richtig ausspielen. Ergreift er einen Beruf, der seinem Gefühlsbereich voll entspricht, dann wird sein Benehmen wegen seiner großen Aktivität sozusagen offiziell sanktioniert: In diesem Fall ist er meist fleißig. Findet ein 1 ,2er den Weg zum Journalismus, dann kann er ein ausgezeichneter Verfasser von „Enthüllungsberichten“ werden. Eine solche Arbeit erfordert die List des "Apathie"ers und die Abscheu eines "Wut"ers. Sein Wahlspruch lautet: „Ich möchte nur soviel wissen, damit ich zerstören kann.“ Derartige RevolverJournalisten arbeiten mit entwaffnender Freundlichkeit, um das Vertrauen ihrer Opfer zu gewinnen. Sie rühmen sich auch, die „Wahrheit“ an den Tag zu bringen. Indem sie ihre Begabung zum Schnüffeln (Apathie) einsetzen, beginnen sie zunächst behutsam: Sie lüften fürs erste lediglich einen Zipfel. Dann freilich knallen sie ihren Lesern Schlag auf Schlag die unwahrscheinlichsten Dinge auf den Schädel: Gerüchte, Klatsch, Halbwahrheiten – alles „Nachrichten“, die sie ihren Informanten aus der Nase gezogen haben. Dreist bestehen sie darauf, sie wachten über der Moral der Allgemeinheit. Ihr destruktives Treiben entschuldigen sie (wenn überhaupt) mit der Phrase: „Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.“ Solche Schmieranten erklären, sie griffen bloß deshalb zu schamlosen Mitteln, um die „richtigen Leute“ und die „richtigen Dokumente“ in ihren Besitz zu bringen. Sie reden sich und andern ein, dass das Resultat jedes Mittel rechtfertige, denn „Demokratie berechtigt die Leute, informiert zu werden“. Alles geschieht nur, um der Öffentlichkeit einen Dienst zu erweisen. Wird durch solche Darstellungen Schaden angerichtet, lehnen die Autoren jedwede Verantwortung ab. Ein guter Berichterstatter – so kann man dann hören – brauche sich nicht um die Folgen seiner Arbeit zu kümmern. Wenn es nicht anders geht, arbeitet er auch mit faulen Tricks. Man müsse so listig wie möglich sein, belehren solche „Aufklärer“ ihre Mitmenschen. „Vor allem müssen Sie an die Fakten kommen.“ Dieser Standpunkt ist der Wahrheit immerhin so nahe, dass er von vielen intelligenten Menschen geglaubt und akzeptiert wird. Wir sollten jedoch wissen, dass Journalisten auf niedrigem Emotionsniveau immer nur Nachrichten wiedergeben, die sich auf ihrer eigenen Gefühlsebene abspielen: also möglichst schmutzige und sensationelle Meldungen. In Wirklichkeit gibt es nämlich für sie gar keine Ereignisse auf hohem Niveau. Machen Sie doch einmal abends einen Rundgang durch ein kleines Städtchen. Dabei werden Sie wohl kaum jemanden treffen, der einen Mord, eine Vergewaltigung oder einen Diebstahl begeht. (Selbstverständlich gibt es auch hier Ausnahmen.) Stattdessen werden Sie erfahren, dass manche Mutter an einer Elternbeiratssitzung teilnimmt, dass mancher brave Familienvater über seiner Zeitung eingenickt ist, dass mancher Filius vor dem Fernsehapparat hockt und ein Pfund Plätzchen verdrückt. „Aber das sind doch keine Nachrichten“, wird uns ein Journalist der genannten Art entgegenhalten. Es ist bezeichnend für unsere Gesellschaftsordnung, dass das Wort „Nachricht“ meist nur noch Sensationsmache übelster Sorte bedeutet. Leben nach der Routine Ich dachte stets, Betty beobachte andere Leute nur deshalb so aufmerksam, um herauszufinden, wie sie selbst sich zu benehmen habe. Sie erinnerte an ein junges Mädchen, das zum ersten Mal ganz „groß“ ausgeht und jedermann im Auge behält, um festzustellen, welche Gabel man zu benutzen habe. Am Tag ihrer Hochzeit sagte sie zu mir: „Unter einer Hochzeit habe ich mir eigentlich nie etwas Richtiges vorstellen können. Geht es dabei so feierlich zu wie beim Gottesdienst in der Kirche oder so ausgelassen wie auf einer Gesellschaft?“ „Ich glaube, es kommt darauf an, wie du selbst dich fühlst“, erwiderte ich. „Aber das ist es ja gerade: Ich fühle gar nichts. Ich weiß einfach nicht, wie ich mich benehmen soll.“ Als sie reifer wurde, erlernte sie allmählich die gesellschaftlichen Regeln, aber nie vermochte sie sich spontan zu geben. Auch ging ihr die natürliche Anmut völlig ab. Einmal erzählte sie mir: „Mein Mann behauptet, ich sei nicht feinfühlig genug. Ich würde nie merken, wenn die Leute sich über etwas ärgern. Wahrscheinlich hat er damit sogar Recht, aber wie soll ich denn wissen, was in den „Köpfen anderer Leute vorgeht?“
Ihre sonderbare Teilnahmslosigkeit den Menschen gegenüber erschien mir rätselhaft – bis ich die Emotionsskala kennen lernte. Diese junge Frau war derart eng vom Wall der FeindselligerStufe umgeben, dass sie keine natürlichen Reaktionen empfinden konnte. Sie musste sich ihre Reaktionen mechanisch durch andere aneignen. Sie führte ein Leben der fremden Routine. Der Kriminelle Der gut aussehende junge Mann saß still da. Während der Gerichtsverhandlung zeigte er keinerlei Gefühl. Als die Geschworenen ihn aufgrund von Indizien schuldig sprachen, einen Sexualmord an einem Mädchen verübt zu haben, saß er immer noch ungerührt auf seinem Stuhl. Viele fragten sich, ob er denn wirklich schuldig sein mochte. Ehemalige Nachbarn von ihm erklärten, sie könnten sich einfach nicht vorstellen, dass er etwas so Grausiges getan haben sollte. „Er machte immer so einen netten, ruhigen Eindruck.“ Auch ich wusste natürlich nicht, ob der Mann ein Mörder war, aber ich war mir über eines klar: Seinem Emotionsniveau nach hätte er ein solches Verbrechen durchaus begehen können. Natürlich sind nicht alle Feindselligerer Sexualmörder (auf dieser Gefühlsstufe treffen wir auch die mürrische Matrone an, die von Sex überhaupt nichts wissen will), aber im Allgemeinen sind derartige Verbrecher in dieser Gefühlsregion einzustufen. Hier sind Sadisten heimisch: Menschen, denen es Spaß macht, andere Leute zu verletzen und zum Krüppel zu schlagen. Kinder, die Freude daran haben, Fliegen die Beine auszureißen. Wer ohnehin hilflos ist, reizt abwegig Veranlagte (Feindselligerer) erst recht auf: Sie tun immer noch weher. Sie sind der aggressiven Brutalität des "Wut"ers unfähig, machen sich jedoch hinter den Kulissen zu schaffen. (Die Kriegsverbrechen und die grausame Behandlung von Kriegsgefangenen sind Beispiele für die Natur des Menschen auf Stufe Feindselliger). Heimliche Verbrechen, bei denen das Risiko der Entdeckung gering ist, zeigen, dass sich das Wesen solcher Kreaturen aus Verschwiegenheit und Brutalität zusammensetzt. Zusammenfassung Sollten Sie versuchen, einen Feindselligerer seiner herzlosen Taten wegen zu stellen, dann lässt ihn dies kalt. „Ich tue das, was mir gefällt. Wenn Ihnen das nicht passt, dann ist das Ihre Sache.“ Er will nicht wissen, was andere empfinden, denn er will für den von ihm angerichteten Schaden nicht verantwortlich gemacht werden. Seine jähen Exzesse mögen die Mitmenschen aus der Fassung bringen – ihm ist das gleichgültig. Der "Apathie"er gibt oft vor, Mitleid zu haben, verständnisvoll oder gar traurig zu sein (um verborgene Ziele zu erreichen). Der Feindselligerer hingegen befasst sich höchst selten mit derartigen Vortäuschungen. Den Schwächen und Sorgen anderer kehrt er gleichmütig den Rücken zu. Merkwürdig ist freilich, dass er bei seinen destruktiven Handlungen auf Verständnis hofft. Leute auf dieser Gefühlsebene sind oft schweigsam. Sie weigern sich hartnäckig, den Mund aufzumachen. Trotzig schweigen sie vor sich hin. Sie können auch nicht zuhören. Für den gefühllosen Menschen gibt es überhaupt bloß einen Standpunkt: den eigenen.wegen mache.“ Er: „Sicher tue ich das. Ich sage dir so oft, dass du eine gute Hausfrau bist.“ Sie: „Nein, das tust du eben nicht. Du liebst mich ja noch nicht einmal.“ (Sie verlässt den Raum und knallt die Tür hinter sich zu.) Er: „Mein Gott, diese Frauen! Sie sind einfach unmöglich!“ Wollte man die Verallgemeinerungen durch Tatsachen ersetzen, dann hörte sich das Ganze anders an: Er: „Die Soße ist aber ein bisschen dünn heute Abend.“ Sie: „Das ist das fünfzigste Mal, dass du mein Kochen kritisierst. Zum hundertachtundsiebzigsten Mal während unserer Ehe hast du mir bewiesen, wie wenig du meine Bemühungen zu würdigen weißt.“ Er: „Das stimmt. Aber ich habe dir dreihundertachtundsiebzig Mal Komplimente gemacht.“ Sie: „Nach meiner Rechnung waren davon aber bloß dreihundertvierzehn echte Komplimente und siebenundfünfzig eine Art stillschweigender Billigung. Die restlichen sieben Komplimente waren keine Schmeicheleien für mich. Daraus schließe ich, dass du mich nicht liebst.“ (Sie geht ab.) Er: „Diese Frau! Dreiundvierzigtausendzweihundertundsiebenundachtzig Mal war es mir nicht möglich, sie zu begreifen und mich vernünftig mit ihr zu unterhalten.“ Ein Streit, bei dem nicht ein wenig geschwindelt wird, ist kein richtiger Streit: Ihm fehlt die Würze. „Ich bin wer“ Sein allzu stark ausgeprägter Egoismus und seine Aggressivität verschaffen dem "Wut"er häufig einen Chefposten. Er macht den Eindruck, ein Mann der Tat zu sein. Tatsächlich aber wirbelt er lediglich Staub auf – viel Lärm um nichts also. Wenn sich der Staub wieder gelegt hat, stellt man fest, wie wenig der Mann doch im Grunde zustande gebracht hat. Da sein aufbrausendes Temperament sich erst in brenzligen Situationen so recht austoben kann, führt er nicht selten solche Zustände herbei. Er weiß übrigens genau, wie man mit seinen Mitmenschen umzugehen hat: „Schnauzt sie an! Ich sage euch: Schießt sie alle einfach ab! Man muss hart sein, wenn man in dieser Welt vorankommen will." Unbedingter Gehorsam Der zornige Mensch besteht auf Gehorsam. Ich habe einmal in einer Firma gearbeitet, deren Besitzer sich auf der Stufe "Wut" befand. Er war ein fanatischer „Saubermacher“ und „Ordnungshüter“. Wenn er in unserer Zweigstelle erwartet wurde, sauste das Personal atemlos herum, damit der Laden ja auf Hochglanz poliert war. Bei einem dieser Kontrollbesuche marschierte der große Boss durch die Flure. blickte in alle Büros hinein und kam zuletzt in das Zimmer des Verkaufsleiters. Auf dessen Schreibtisch lag ein Hut. Sofort bekam der Chef einen Tobsuchtsanfall und schrie: „Was ist denn mit diesen Idioten eigentlich los? Was glauben die, wofür wir Garderoben haben?“ Und immer noch brüllend nahm er den Hut, riss das Fenster auf und schleuderte die ihn störende Kopfbedeckung aus dem einundzwanzigsten Stockwerk ins Freie. Just in dem Moment, als der Verkaufsleiter mit einem der wichtigsten Kunden des Unternehmens zurückkehrte, wurde der Hut eben dieses Kunden vom Wind erwischt und segelte nun wie ein Drachen über die Dächer von Detroit. Natürlich war dieser Kunde zum letzten Mal da gewesen. Schwierige Geschäfte Schöpferische Menschen auf hohem Emotionsniveau wollen nicht für einen "Wut"er arbeiten. Denn Zorn drückt sie auf der Skala nach unten und beraubt sie ihrer besten geistigen Kräfte. Außer seiner Forderung nach Gehorsam bedient sich der "Wut"er allerlei Drohungen, Bestrafungen, Lügen, um unangefochten „herrschen“ zu können. Er gibt unklare und unvollständige Anweisungen. Ist der Auftrag schließlich erledigt, kritisiert und nörgelt er: „Ich habe nicht gesagt, dass Sie das so machen sollen.“ Ein Freund berichtete mir, wie er seinem Chef etwas vorführte, worauf dieser Mensch gleichfalls einer auf der Stufe "Wut" – lediglich zu meckern wusste: „Das ist falsch von vorn bis hinten. Ändern Sie es gefälligst.“ Nachdem mein Freund die Änderungen vorgenommen hatte, legte er die Unterlagen abermals zur Genehmigung vor. Diesmal schrie sein Chef: „Woher, zum Teufel, haben Sie denn diese verrückten Ideen?“ Der "Wut"er wird im Geschäftsleben nie Verantwortung auf Untergebene übertragen. Er will die Kontrolle über alles in eigenen Händen halten, was ihn freilich nicht daran hindert, in einem fort zu jammern, keiner in der ganzen Bude bringe etwas zustande und er müsse alles allein machen. Durch diese ständigen Drohungen und den Mangel an klaren Anweisungen werden Menschen, die einem "Wut"er ausgeliefert sind, über kurz oder lang konfus. Sie verlieren ihr Selbstvertrauen, und damit sinkt natürlich auch ihre Leistung. Man setzt sie so oft ins Unrecht, dass die meisten von ihnen mit der Zeit auf die Gefühlsstufen Furcht, Gram oder Apathie abrutschen. Sie können von Glück reden, wenn sie noch bei Apathie landen. : Der immer zornige Mensch ist geradezu von dem Verlangen besessen, andere am Vorwärtskommen zu hindern. Eltern dieses Gefühlsbereichs fahren ihre Kinder beispielsweise an: „Hör auf zu rennen!“ „Lass das sein.“ Der "Wut"er will seine Mitmenschen auf die Stufe der Apathie herunterdrücken. Ist ihm dies gelungen, dann bringt er die Dinge dadurch in „Ordnung“, indem er blinden Gehorsam fordert. Ich kannte einen Chef, der seine Angestellten immerzu auf Trab brachte. („Los! Los! Mehr Bewegung!“) Die Folge dieser Schinderei war, dass die Leute nervös und geschäftig wurden, letzten Endes aber weniger arbeiteten, was ganz natürlich war, denn der Chef hatte ihnen die Ruhe zur inneren Sammlung genommen. Als dieser Antreiber einmal vier Wochen nicht im Betrieb war, änderte sich das Klima schlagartig. Die Angestellten waren pünktlich, liebenswürdig, entspannt und leisteten das Doppelte. Die Lust am Zerstören Wer Mord und Totschlag plant und Revolutionen schürt, gehört dem Gefühlsbereich "Wut"er an. Er wird das Land retten (indem er es zerstört). Er ist außerstande, sich einen konstruktiven Plan anzuhören es sei denn, er sieht darin eine Chance, ihn ins Gegenteil umzukehren, wodurch er destruktiv wird. Auf dieser Ebene finden wir die Kriegshetzer und die Diktatoren. Der "Wut"er verbreitet Schreckensnachrichten und unterschlägt im Allgemeinen erfreuliche Neuigkeiten. Er zieht es vor, Unruhe zu stiften. Er behauptete, man stehe vor dem Chaos und nur das Chaos könne vor dem Chaos retten. Sie werden sagen, dies sei Wahnsinn, und das ist es auch. Ich habe einmal in einer UndergroundZeitung einen Artikel über den „Frieden“ gelesen. Darin hieß es: „Wir werden den Krieg beenden, selbst wenn wir dafür kämpfen müssen.“ Der "Wut"er wird jede Ethik zu vernichten suchen (was übrigens jeder Mensch möchte, der auf niedrigen Emotionsebenen behaust ist). Er ist durch und durch unehrlich. In einer andern UndergroundZeitung, die von so genannten Anarchisten herausgegeben wurde, las ich: „Schon viel zu lange werden die Brüder und Schwestern dieser Gemeinde beklaut. Die kriminellen Elemente sind zu einer Horde tollwütiger Hunde geworden. Nach Belieben lochen sie unsere Leute ein und quälen sie. Es wird Zeit, dass wir uns zusammentun, damit unsere Kultur ein wenig „Polizeischutz“ bekommt. Mit andern Worten: Wir brauchen Schutz vor der Polizei (diesen Schweinen). Der LSDTrip bietet eine Möglichkeit, dies zu bewerkstelligen. Zunächst müssen wir jede uns nahe stehende Gruppe bewaffnen und ausbilden. Der Karabiner M1 ist die ideale Waffe für Situationen, in denen wir uns bald befinden werden.“ Weiter wurden regelmäßige Schießübungen und Unterricht im Gewehrreinigen vorgeschlagen. Der Artikel schloss mit einem „Marktbericht über Drogen“. Darin wurden die Preise und die Qualität der verschiedenen Rauschgifte genannt, welche gegenwärtig auf dem lokalen Markt zu haben waren. Unter einer typischen "Wut"Führung würde diese Gruppe den Feind (also die reguläre Polizei) mit Waffen vernichten und ihre eigenen Anhänger durch Drogen allmählich aus dem Verkehr ziehen. Die Menschen lassen sich nun einmal stets von solchen führen (und verführen), die auf der Skala eine Stufe höher stehen. Gutgläubige Seelen des "Furcht“Bereichs können nur allzu leicht von einem "Wut"er beeinflusst und zu Aktionen überredet werden. Sinn für Humor Sein Sinn für Humor (falls man diese Bezeichnung überhaupt verwenden darf) erschöpft sich in einem boshaften Lachen über das Missgeschick anderer. Wenn einer stürzt und sich dabei das Genick bricht, wird der Mensch auf "Wut" dies so ergötzlich finden, dass er sich fast totlacht. Sein eigentliches „Vergnügen“ hat er dann, wenn er seinem Zorn freien Lauf lassen kann. Er liebt es, den „gefährlichen Mann“ zu spielen. Genüsslich schildert er, wie diesen oder jenen einmal „so richtig zusammengestaucht“ oder ihm „die Fresse poliert“ hat. Auf dieser Stufe treffen wir absolut vernunftwidrige Tapferkeit an. Es macht derartigen Leuten Spaß, hohe Risiken einzugehen, vor allem dann, wenn sie dabei andere Leute oder Gegenstände zerstören können. Viele Kriegshelden (nicht alle) haben nichts anderes eingesetzt als die trotzige Herausforderung des "Wut"ers. Mit wahrer Tapferkeit hat das nichts zu tun. Tollkühnheit erweckt indessen Ehrfurcht bei Leuten mit niedrigerem Emotionsniveau. Falls Sie in einem Wutanfall jemals einen Teller auf den Fußboden geknallt oder eine Tür ins Schloss geworfen und dabei große Befriedigung gefunden haben, dann werden Sie diese Gefühlsregion verstehen. Wut ist am oberen Ende der Skala bei "Wut" angesiedelt. Wenn ein Mensch hier für immer verharrt, findet er sein helles Vergnügen am Zertrümmern von heilen Dingen. „Ich besitze Menschen“ Da ihn die Ansichten anderer Leute wenig interessieren (falls sie ihn nicht in den seinen bestärken), beendet er Gespräche abrupt oder hört einfach nicht länger zu. Hat er sich einmal entschieden, dass Sie nicht der sein sollten, der Sie sind, oder nicht das tun dürften, was Sie tun, dann wehrt er jede Entschuldigung oder Erklärung barsch ab. Als ich noch für die Firma arbeitete, die ich schon erwähnt habe (deren Besitzer ein "Wut"er war), erfuhr ich diese Geschichte über einen unserer jungen Ingenieure: Er hatte sich Urlaub genommen, war jedoch noch einmal ins Büro gekommen, um sein Gehalt abzuholen. Da er nicht wusste, dass sich der Chef gerade bei uns aufhielt, trug er eine legere Hose und ein buntes Hemd. Beim Verlassen des Fahrstuhls lief er dem Boss in die Arme. Mit einem finsteren Blick auf die lässige Kleidung knurrte er: „Sagen Sie mal, junger Mann, arbeiten Sie für mich?“ Geistesgegenwärtig antwortete der Ingenieur wie aus der Pistole geschossen: „Nein. Ich glaube, ich habe mich in der Etage geirrt.“ Und damit wandte er sich rasch um und verschwand im Treppenhaus. Ein typischer Fall: Der "Wut"er glaubt nur allzu gern, er „besäße“ die Menschen zum Eigentum. Informationen Wenn Sie einen solchen Menschen bitten, eine Bestellung auszurichten, dann sollten Sie wissen, dass er mitnichten das ausrichtet, was Sie ihm gesagt haben. Ersuchen Sie etwa einen "Wut"er, er möchte doch den Hausmeister auffordern, die Fenster zu putzen, wird er dies sogleich als Drohung weitergeben: „Lieber Mann, da sitzen Sie ja ganz schön in der Tinte. Wenn Sie nicht sofort die Fenster im vorderen Büro saubermachen, fliegen Sie raus!“ Die eigene Habe Da derartige Typen scharf darauf sind, Menschen oder Gegenstände zu besitzen, werden sie notfalls sogar ihre eigene Habe zerstören, wenn sie bedroht wird. Versucht man, einem Kind sein Spielzeug abzunehmen, dann schreit es: „das gehört mir!“ Ein zorniges Kind wird oft eher seine Spielsachen kaputtmachen, als sie mit andern teilen. Keine Drohung nützt dann etwas. Die Devise solcher Menschen lautet: Entweder gehört alles mir, oder ich lasse es vor die Hunde gehen. Jedenfalls soll kein anderer Hand an meinen Kram legen. Die unerbittlichen Eltern Zu diesem Emotionsniveau zählt der Vater, dessen Erziehungsmethoden noch aus den Tagen unserer seligen Urgroßväter stammen: Er herrscht mit „eiserner Hand“. Lärm, Unordnung, Spielen verärgern ihn so, dass er sein Kind brutal behandelt. Er schreckt auch vor schwerer körperlicher Züchtigung nicht zurück. Selbstverständlich tut er dies „zum Besten“ seines Kindes: Er will ja schließlich einen „Musterknaben“ vorzeigen können. (Wenn Eltern auf der Stufe des Zorns es nicht wagen, andern ihre Gefühle zu offenbaren, lassen sie ihre Wut häufig an ihren Kindern aus, denn ein „Ventil“ müssen sie ja haben.) Ich habe miterlebt, wie eine ganze Familie durch die Herrschsucht eines "Wut"ers zur Heimtücke getrieben wurde. Der Vater war davon überzeugt, dass jedes Kind den Tag mit einer großen Schüssel Haferflocken zu beginnen habe. Wenngleich seine vier Jungen das Zeug bald nicht mehr sehen konnten, blieb er doch unerbittlich. Das Resultat: Jahrelang wurde Morgen für Morgen dieses Ritual zelebriert: Der Vater überwachte seine Frau beim Zubereiten und wartete, bis sie den Kindern die Haferflocken servierte. Dann machte er sich befriedigt auf den Weg in sein Büro. Kaum war sein Wagen jedoch verschwunden, da wurden die vier unberührten Schüsseln mit Flocken in den Napf des Hundes geleert, und die Mutter schlug Spiegeleier mit Schinken in die Pfanne. Freilich ist mir nicht bekannt geworden, wie dem bejammernswerten Hund diese eigenartige Diät bekommen ist. Liebe und Zärtlichkeit Zeigt sich bei einem "Wut"er mit einemmal menschliche Wärme oder gar Zuneigung zu einem andern Wesen, dann darf man sicher sein, dass sich sein Emotionsniveau geändert hat.
In siegreichen Armeen ist es schon beinahe zu einer traurigen Tradition geworden, dass manche ihrer Angehörigen vor Vergewaltigungen nicht zurückschrecken. Oft hören wir auch von geisteskranken Verbrechern, die über Frauen herfallen. Der "Wut"er von heute ist allerdings viel zu zivilisiert, um sich derart roher Mittel zu bedienen. Er äußert seine „weichen“ Gefühle anders: Indem er seine Frau nämlich ohne jede Zärtlichkeit „nimmt“. Rücksichtnahme kennt er nicht. Die Frau auf Stufe "Wut" hingegen „straft“ mit Sex: Sie verweigert sich ihrem Mann. Männer dieses Gefühlsbereichs können auf geradezu unverschämte Weise treulos sein. Obwohl sie meist recht klägliche Liebhaber sind, halten sie sich für unwiderstehlich und streichen ruhelos gleich dem Don Juan durchs Land. Sie leben in der heiligen Überzeugung, ein wahres Göttergeschenk für alle Frauen zu sein. (Männer der Stufen Apathie und Feindselliger verhalten sich ähnlich.) Zusammenfassung „Halt!“ schrie der Filmregisseur die Schauspieler an. „Verdammt noch mal! Spielt die Szene endlich richtig!“ In einer psychologischen Abhandlung wurde das Benehmen dieses Regisseurs als eine „Mischung von Wut, Abscheu und Ungeduld“ bezeichnet. In Wirklichkeit setzt sich diese Mischung jedoch aus verschiedenen charakteristischen Merkmalen zusammen, die allesamt zum „Zorn“ – Niveau gehören. Sie sind demnach keine selbständigen , sondern zählen zur Stufe "Wut". Schlagen Sie einem "Wut"er einen Spaß vor, dann wird er Sie anzischen: „Für so was hab ich keine Zeit.“ Er beschwert sich viel lieber. Was immer er auch erreicht haben mag, er empfindet keine rechte Freude daran. Er ist stattdessen der Ansicht, dass er von Rechts wegen viel mehr verdient habe. Wo er einen Fehlschlag einstecken muss, schiebt er andern die Schuld in die Schuhe. Er staut unentwegt Groll auf. Entschuldigen Sie sich bei ihm mit den Worten: „Es tut mir leid. Ich nehme alles zurück“, dann gestattet er Ihnen gar nicht, etwas von Ihren Äußerungen zurückzunehmen. Er braucht seinen Groll nämlich wie das tägliche Brot. Wenn jemand zu Ihnen sagt: „Sie sind im Unrecht“, dann ist dieser Mensch auf "Wut" oder Langeweile einzuschätzen. Niemand, der auf einem anderen Emotionsniveau heimisch ist, würde eine solche Bemerkung so unverblümt aussprechen. Der Mensch auf hoher Stufe sinkt auf „Zorn“, sobald er „gestoppt“ wird. Aber er fasst sich bald wieder und vergisst die Angelegenheit. In Schwierigkeiten gerät er bloß dann, wenn er eine wichtige Entscheidung trifft oder Differenzen beizulegen versucht, solange er sich noch auf diesem tieferen Niveau befindet. Als ich einer Schulklasse die Emotionsskala erklärte, bat ich die Kinder zugleich, mir einige ihnen bekannte Verhaltensweisen auf niedriger Ebene zu nennen. Ein Schüler erzählte von seinem Nachbarn, den er eines Morgens beim Anlassen seines Automotors beobachtet hatte. Der Mann drehte den Zündschlüssel, trat ein paar Mal aufs Gaspedal, aber der Motor sprang nicht an. Nun öffnete er die Motorhaube, fummelte eine Zeitlang im Innern herum und versuchte danach sein Glück aufs Neue. Vergeblich. Nachdem er eine Weile hin und herhantiert hatte, bekam er einen Wutanfall. Er machte den Kofferraum auf, riss einen schweren Hammer heraus, rannte um den Wagen und schlug wie ein Tobsüchtiger unter wildem Gebrüll auf die Motorhaube ein. Und das solange, bis seine Arme erschlafften.
Das ist freilich auch eine Methode, verfahrene Dinge wieder in „Ordnung“ zu bringen.
Und zwar eine höchst gründliche.