Der Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) ist der stärkste Nerv im menschlichen Körper. Er verläuft vom unteren Rücken über das Gesäß und die Beine bis zu den Füßen.
Wenn der Ischiasnerv gereizt wird, kommt es in seinem Versorgungsgebiet oftmals zu Schmerzen und Beschwerden.
1. Anatomie: Wo liegt der Ischiasnerv?Der Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) entsteht aus einem Geflecht von Nerven, das unterhalb des fünften Lendenwirbels aus der Wirbelsäule hervortritt. Somit liegt der Ursprung des Nervs im unteren Rücken.
Der Ischiasnerv durchzieht das Becken und verläuft auch unter dem größten Gesäßmuskel (Musculus gluteus maximus) entlang. Auf Höhe des Kreuzbeins tritt der Nerv durch das große Sitzbeinloch aus. Dort trifft er auch auf den kleinen Piriformis-Muskel.
Im weiteren Verlauf erstreckt sich der Ischiasnerv vom Gesäß über die Rückseite des Oberschenkels. Auf Höhe der Kniekehle teilt sich der Nervus ischiadicus in zwei kleinere Nervenstränge. Über den Nervus tibialis und den Nervus fibularis communis reichen seine Ausläufer vom Unterschenkel bis hinunter in den Fuß.
2. Ursachen für einen gereizten IschiasnervWenn der Ischiasnerv eingeengt und somit gereizt ist, können Schmerzen entstehen. Als Ursache für Ischiasschmerzen (Ischialgie) wird meist eine Verengung an der Wirbelsäule oder ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Allerdings können noch weitere Erkrankungen zu einer Reizung des Nervus ischiadicus führen.
Bandscheibenvorfall
Spinalkanalstenose
Gleitwirbel (Spondylolisthesis)
Piriformis-Syndrom
Verletzung der Wirbelsäule
Herpes zoster
Tumor
Nach unserer Erfahrung liegt die häufigste Ursache in der Muskulatur!
Nicht umsonst empfehlen Ärzte vor allem Bewegung gegen Ischiasschmerzen.6)7) Das kann in vielen Fällen helfen und zeigt, dass oft eben keine knöchernen Veränderungen an der Wirbelsäule die Ursache der Ischialgie sind.
2.1 Ischialgie durch Spannung in der MuskulaturFehlende oder unausgeglichene Bewegung kann dazu führen, dass angespannte Muskeln den Ischiasnerv einklemmen und Schmerzen entstehen. Der Grund dafür: häufiges Sitzen.
Jeden Tag verbringen wir unzählige Stunden im Sitzen. Ob bei der Arbeit oder abends auf der Couch – Hüfte, Becken und Beine bewegen sich kaum. Dadurch „verkürzt“ die Muskulatur. So entstehen Spannungen im Gesäß und den Oberschenkeln, die für eine Reizung des Ischiasnervs sorgen können.
Im Sitzen sind die Beine angewinkelt, sodass die hüftbeugende Muskulatur auf der Vorderseite des Körpers kürzer wird. Die Muskelfasern der Hüftbeuger ziehen sich zusammen.
Wegen des regelmäßigen „Sitz-Trainings“ lernt die Muskulatur, diese Form zu behalten. Mit der Zeit lassen sich die Muskelfasern immer schwerer in die Länge ziehen.
Aufgrund fehlender Bewegung fließt weniger Zwischenzellflüssigkeit. Dadurch wird das elastische Bindegewebe (Faszie) unnachgiebig. Das verstärkt die Verkürzung der Muskulatur.
Die Grafik zeigt die Beckenknochen sowie die Gesäßmuskulatur des Menschen. Dazwischen ist der Verlauf des Ischiasnervs zu erkennen.
Hohe Spannung in der Gesäßmuskulatur belastet den Ischias.
Die entgegengesetzte Muskulatur im Gesäß muss sich stärker anspannen, um die Zugkräfte der verkürzten Hüftbeuger auszugleichen.
Aufgrund der stetigen Anspannung im Gesäß wird der Stoffwechsel in diesem Bereich eingeschränkt.
Wegen des schlechten Stoffwechsels lässt die Nährstoffversorgung der Muskulatur nach und Abfallstoffe bleiben zurück. Somit kann es zu einer leichten Entzündung kommen und das Gewebe schwillt an.
Reizung des Ischiasnervs: Die angespannte Muskulatur und das geschwollene Gewebe können einen Druck auf den Nervus ischiadicus erzeugen. Dadurch kann es zu Schmerzen und Funktionseinschränkungen kommen.
2.2 Ischialgie durch Veränderungen an der WirbelsäuleDer Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) tritt am unteren Ende der Wirbelsäule aus und erstreckt sich danach über Gesäß und Bein. Deshalb kann eine Verengung des Wirbelkanals oder ein Bandscheibenvorfall die Nervenwurzel reizen und zu Beschwerden führen.
In einem Kanal der Wirbelsäule verlaufen unsere Nerven durch den Körper.
Die Nervenwurzeln des Ischiasnervs befinden sich am unteren Ende der Wirbelsäule. Von dort erstreckt sich der Nervus ischiadicus über das Gesäß bis zur Kniekehle.
Wenn eine Veränderung an der Wirbelsäule auftritt, kann der Ischiasnerv dort eingeklemmt werden. Es kommt zu einer Reizung.
Der gereizte Nerv kann Signale schlecht weiterleiten, sodass Schmerzen und Beschwerden in seinem Versorgungsgebiet entstehen können.
Wenn Ischiasschmerzen über einen längeren Zeitraum anhalten, vermuten Ärzte oft, dass eine knöcherne Veränderung an der Wirbelsäule die Ursache ist. Demzufolge ist der Ischiasnerv meist wegen eines Bandscheibenvorfalls oder einer anderen Verengung an der Wirbelsäule eingeklemmt. Allerdings haben viele Betroffene auch Schmerzen im Gesäß oder im Bein. Dazu heißt es oft nur: „die Schmerzen strahlen aus“.
Logisch betrachtet, müsste ein zusammengedrückter Nerv den größten Schmerz dort auslösen, wo er eingeklemmt ist.
Leider sucht man oft nach einer sichtbaren Ursache, um diese zu behandeln. Mit bildgebenden Verfahren wie Röntgenbild, MRT oder CT lassen sich Druck und Spannung im Gewebe aber leider nicht darstellen. Stattdessen entdecken Radiologen oft Unregelmäßigkeiten an der unteren Lendenwirbelsäule und dort verläuft der Ischiasnerv.
Spinalkanalstenose: Verengung des WirbelkanalsAufgrund hoher Zug- und Druckkräfte können die Bandscheiben mit der Zeit schrumpfen und flacher werden. Dadurch sinkt die Stabilität der Wirbelsäule und die knöchernen Wirbelkörper können sich verschieben. Neben dem sogenannten Gleitwirbel treten oft auch knöcherne Veränderungen an den Wirbelkörpern auf. All das führt dazu, dass sich der Wirbelkanal verengt.
An der Lendenwirbelsäule liegt die Nervenwurzel des Ischias. Kommt es dort zu einer Verengung des Wirbelkanals (Spinalkanalstenose), wird der Ischiasnerv gereizt. Die Folge sind oftmals schmerzhafte Ausstrahlungen im Gesäß und in den Beinen. Weitere Informationen über diese Erkrankung findest du in unserem Schmerzlexikon-Artikel zur Spinalkanalstenose.
Bandscheibenvorfall: Druck auf die NervenwurzelDie täglichen Belastungen der Wirbelsäule werden von unseren Bandscheiben abgefangen. Wie kleine Kissen liegen sie zwischen den knöchernen Wirbelkörpern.
Ein Bandscheibenvorfall entsteht, wenn die Bandscheibe an Elastizität verliert und deshalb den hohen Belastungen des Alltags nicht mehr standhält. Dann kann die Bandscheibe reißen und das innere Bandscheibenmaterial tritt aus.
Bei einem Bandscheibenvorfall an der unteren Lendenwirbelsäule kann das Bandscheibenmaterial auf die Nervenwurzeln des Ischias drücken. Der Nerv ist gereizt und es kommt zu den typischen Beschwerden und Ischiasschmerzen. Weitere Informationen über diese Erkrankung findest du in unserem Artikel zum Bandscheibenvorfall.
Veränderungen der Wirbelsäule sind normal! Sie verursachen oft keine Beschwerden oder Schmerzen. Trotzdem raten viele Ärzte zur OP, sobald Unregelmäßigkeiten festgestellt werden. Das kann helfen, muss aber nicht. Viele Studien belegen, dass Operationen oft keinen besseren Effekt haben als Physiotherapie und gezielte Dehnübungen.
3. Übungen können den Ischiasnerv befreienUm deinen Ischiasnerv zu befreien, brauchst du in der Regel keine Operation. Oft helfen regelmäßige Dehnungen ebenso gut.16) Denn meist sind zu hohe Spannungen der Muskulatur für Schmerzen und Beschwerden verantwortlich. Wenige Minuten am Tag können ausreichen, um wiederkehrende Beschwerden mit dem Ischias zu bekämpfen.
Schmerzlinderung im Schlaf ist nur möglich, wenn sich die Muskulatur entspannt und der Stoffwechsel ungehindert funktioniert. Leider nehmen viele Menschen im Schlaf eine Fehlhaltung ein. Sie schlafen ständig mit angewinkelten Beinen. Diese Schlafposition ähnelt dem Sitzen. Dadurch können die muskulär-faszialen Spannungen im Gesäß und am Oberschenkel weiter zunehmen. Das kann dazu führen, dass der Ischiasnerv noch stärker gereizt wird.
Eine gute Schlafposition bei Ischias ist das Liegen auf dem Rücken, denn oft sorgen Fehlhaltungen während des Tages für hohe Spannungen in der Muskulatur.
Wenn du in der Nacht mit geradem Oberkörper und ausgestreckten Beinen schläfst, hilft das, die schlechte Haltung des Tages teilweise wieder auszugleichen. Mit weiteren Übungen zur gezielten Dehnung kannst du Ischiasschmerzen schnell senken.
4. Ischias im ÜberblickDie typischen Schmerzen bei Ischias gehen auf eine Reizung des Ischiasnervs (Nervus ischiadicus) zurück. Die Ursache ist meist, dass etwas auf den Nerv drückt oder ihn eingeklemmt hat. In manchen Fällen kann er sich dadurch sogar entzünden. Deshalb spüren Betroffene bei einer Ischialgie die Krankheitszeichen im gesamten Versorgungsgebiet, durch das der Nerv entlang läuft.
4.1 Beschwerden bei Ischias
Meist klagen Patienten über Schmerzen und Taubheitsgefühle im unteren Rücken. Die Beschwerden können von der Lendenwirbelsäule über die Rückseite der Beine bis zu den Füßen ausstrahlen.
Gesäßschmerzen
Oberschenkelschmerzen
Knieschmerzen
Die Schmerzen am unteren Rücken sind oft nicht so stark wie am Po oder an den Beinen. Teilweise kann es zu Lähmungserscheinungen kommen. In extremen Fällen ist der Stuhlgang gestört. Dann sollten Betroffene schnell einen Arzt aufsuchen. Weitere Informationen findest du in unserer Übersicht zum Ischias.
4.2 Behandlung von IschiasschmerzenIn vielen Fällen lassen sich anhaltende Ischiasschmerzen in wenigen Wochen senken.Dabei gilt es aktiv zu bleiben, besonders wenn die Beschwerden länger andauern.
Tabletten und schmerzstillende Medikamente wirken bei Ischias leider kaum. In Studien konnten Arzneimittel wie Ibuprofen oder Diclofenac nicht besser abschneiden als Scheinmedikamente (Placebos).
Aktive Bewegung6) und gezielte Übungen zur Dehnung können Ischiasschmerzen effektiv lindern.
Operationen an der Wirbelsäule sind bei Ischias meist nicht notwendig. Selbst wenn ein Bandscheibenvorfall die Ursache ist, lässt sich der Ischias in 90 Prozent der Fälle mit Übungen und ärztlicher Therapie erfolgreich behandeln.
Langfristig hilft bei Ischias eine normale Behandlung mit therapeutischen Übungen sogar genauso gut wie eine Operation. Das deckt sich mit unserer Erfahrung. Oft ist nämlich kein Bandscheibenvorfall für Ischiasschmerzen verantwortlich, sondern die zu hohe Spannung der Muskeln und Faszien. Sie drückt auf den Ischiasnerv und kann zu Beschwerden und Entzündungen führen. Ausgleichende Übungen am Tag und eine neutrale Schlafposition in der Nacht können dagegen helfen.
5. Schlafposition bei IschiasRund ein Drittel unseres Lebens verbringen wir mit Schlafen. In dieser Zeit arbeitet unser Organismus weiter. Das kannst du nutzen, um dich zu erholen, und gesundheitliche Beschwerden nachts zu lindern.
Im Video erfährst du, wie guter Schlaf bei Ischias möglich ist und welche Schlafposition helfen kann. Schmerzspezialist Roland Liebscher-Bracht liefert die Erklärung.
Die Beschwerden am Ischias werden meist durch hohe Spannungen verursacht, die mit dauerhaftem Sitzen in Verbindung stehen.
Seitenschläfer rollen sich oft zusammen, sodass ihre Schlafposition dem Sitzen ähnelt. Selbst auf dem Bauch neigen viele Menschen dazu, ihre Beine anzuwinkeln. Daher fördert das Schlafen in Seitenlage oder Bauchlage die Ischiasschmerzen vermutlich sogar.
Um die schädlichen Verspannungen zu senken, kann eine ausgleichende Schlafposition bei Ischias helfen.
Lege dich gerade auf den Rücken, am besten auf einer etwas härteren Matratze, sodass die Wirbelsäule gerade aufliegt.
Strecke die Beine aus, statt sie anzuwinkeln, sonst ähnelt deine Haltung dem Sitzen.
Oberkörper und Beine bilden eine Linie, damit die untere Lendenwirbelsäule möglichst gerade ist.
In dieser Schlafposition liegt die Wirbelsäule gerade auf der Matratze. Dank der ausgestreckten Beine kann sich die Muskulatur der Hüftbeuger in der Nacht entspannen.
Warum kann diese Schlafposition bei Ischias helfen? Das Schlafen auf dem Rücken kann häufige Fehlhaltungen während des Tages ausgleichen. Wenn wir im Alltag zu viel sitzen, „verkürzen“ die Muskeln und Faszien der Hüftbeuger. Dadurch entstehen hohe Zugkräfte nach vorne. Damit wir uns aufrichten können, zieht die Muskulatur im unteren Rücken und im Gesäß in die entgegengesetzte Richtung. Je weiter die Spannung auf der Vorderseite durch das ständige Sitzen ansteigt, desto mehr Kraft muss die Muskulatur auf der Rückseite des Körpers aufbringen. Indem sich die Muskeln immer fester anspannen, können sie auf den Ischiasnerv drücken und Schmerzen verursachen.13) Zusätzlich schränkt der ständige Druck den Stoffwechsel ein und der Nerv kann sich entzünden. Außerdem lässt in der Nacht die Produktion körpereigener Entzündungshemmer nach, sodass die Schmerzen bei einem entzündeten Ischias dann oft zunehmen. Mehr zu den Hintergründen erfährst du im Artikel: Ischiasnerv – Ursache für Schmerzen.
6. Ischias-Übungen im BettWer akute Ischiasschmerzen hat, kann am Anfang versuchen, die Beschwerden mit Bettruhe zu lindern. Dabei kannst du die schmerzhafte Stelle mit Wärme versorgen, damit sich das verspannte Gewebe lockert. Um Bandscheiben und Wirbelsäule zu schonen, wird oft eine Stufenlagerung gegen akute Schmerzen empfohlen.
Mithilfe einiger Kissen oder Decken kannst du deine Beine leicht erhöht ablegen und in den Knien anwinkeln. Allerdings solltest du so nicht einschlafen und dich nicht zu lange schonen!
Akute Beschwerden lassen sich nur kurzfristig durch Schonung lindern.
Dauerhaftes Schonverhalten führt jedoch dazu, dass sich Schmerzen eher verschlimmern.
Aktivität und Bewegung helfen bei langfristigen Ischiasschmerzen. Wenn du mehr als nur ein paar Tage mit dem Ischias zu kämpfen hast, solltest du Bettruhe eher vermeiden. Denn ohne Bewegung verlieren Muskeln und Faszien mit der Zeit ihre Elastizität. Dadurch nehmen muskulär-fasziale Spannungen zu und die Ischiasschmerzen können weiter ansteigen.
Versuche, im Alltag aktiv zu bleiben. Einfache Tätigkeiten und leichte Bewegung können dazu beitragen, Ischiasschmerzen zu lindern.
Willst du im Bett ein paar Übungen machen? Das kann dir helfen, leichter zurück in den Alltag zu finden. In den meisten Fällen kannst du mit gezielten Übungen deine Beschwerden so weit senken, dass keine Operation oder anderen Eingriffe notwendig sind.
Setze dich auf die Bettkante und lege den Unterschenkel des rechten Beins auf dein linkes Knie.
Halte das rechte Knie mit der rechten Hand und das rechte Fußgelenk mit der linken Hand fest.
Halte den Oberkörper gerade und gehe wenn möglich sogar etwas nach hinten ins Hohlkreuz.
Strebe in dieser Sitzposition mit dem Bauchnabel nach vorne bis du eine Dehnung am Gesäß spürst.
Halte diese Dehnung für etwa zwei Minuten. Sie sollte intensiv sein, aber nicht zu stark, sodass du weiter ruhig atmen kannst und innerlich nicht gegenspannen musst. Wiederhole die Übung anschließend auch mit dem linken Bein. Massiere den Ischasnerv am Boden Rückliegend mit einem Tennisball!
https://de.wikipedia.org/wiki/Ischiasnervhttps://de.wikipedia.org/wiki/Ischialgie