Kommunikation ist heutzutage von außerordentlicher Wichtigkeit – wie sie es ja auch bisher, in der gesamten Vergangenheit dieses Universums, immer gewesen ist. Sie ist so wichtig, dass man sagen könnte: Wenn Sie einen Student in Kommunikation brächten, dann würden Sie ihn gesund machen. Dieser Faktor ist nicht neu in der Psychotherapie, jedoch die Konzentration darauf ist neu. Und die Interpretation von Fähigkeit als Kommunikation ist absolut neu. Befänden Sie sich in gründlicher und vollständiger Kommunikation mit einem Auto auf einer Straße, dann hätten Sie zweifellos keinerlei Schwierigkeiten damit, dieses Auto zu steuern. Wären Sie jedoch nur in teilweiser Kommunikation mit dem Auto und gar nicht in Kommunikation mit der Straße, so wäre es ziemlich sicher, dass sich ein Unfall ereignet. Die meisten Unfälle geschehen, wenn der Fahrer abgelenkt ist, sei es durch einen Streit, den er gehabt hat, durch eine Fahrtunterbrechung von seiten der Polizei, durch ein Kreuz am Straßenrand, das zeigen soll, wo ein paar Autofahrer umgekommen sind, oder durch seine eigene Furcht vor Unfällen. Wenn wir sagen, dass jemand in der Gegenwart sein sollte, dann meinen wir, er sollte in Kommunikation mit seiner Umgebung sein. Wir meinen weiterhin, dass er in Kommunikation mit seiner Umgebung sein sollte, wie sie jetzt existiert, nicht wie sie einmal existiert hat. Und wenn wir von Vorhersage sprechen, dann meinen wir, dass er in Kommunikation mit seiner Umgebung sein sollte, wie sie existieren wird – zusätzlich zur Kommunikation mit der Umgebung, wie sie jetzt existiert. Wenn Kommunikation so wichtig ist, was ist dann Kommunikation?
Am besten wird sie durch ihre Formel ausgedrückt, die herausisoliert worden ist und durch deren Verwendung sehr viele interessante Resultate in der Veränderung von Fähigkeit hervorgebracht werden können. Es gibt zwei Arten von Kommunikation, beide abhängig von dem Gesichtspunkt, der eingenommen wird. Es gibt hinausgehende Kommunikation und hereinkommende Kommunikation. Ein Mensch, der mit einem anderen spricht, kommuniziert zu dieser Person (so hoffen wir zumindest), und derjenige, zu dem gesprochen wird, empfängt Kommunikation von demjenigen, der spricht. In der Konversation tritt dann ein Wechsel ein, und wir stellen fest, dass die Person, zu der zuerst gesprochen worden ist, nun das Sprechen übernommen hat: Sie spricht jetzt zu der ersten Person, die daher jetzt Kommunikation von ihr empfängt. Eine Konversation ist die Aufeinanderfolge von abwechselnd hinausgehender und hereinkommender Kommunikation, und genau hier liegt die eigentümliche Erscheinung, die Verwirrung und Gefangenschaft hervorruft.
Es gibt hier nämlich eine grundlegende Regel: Wer Kommunikation hinausgehen lässt, muss Kommunikation hereinkommen lassen – und wer Kommunikation hereinkommen lässt, muss Kommunikation hinausgehen lassen. Wenn diese Regel in der einen oder in der anderen Richtung aus dem Gleichgewicht gerät, dann stellen wir fest, dass es Schwierigkeiten gibt. Ein Mensch, der Kommunikation nur hinausgehen lässt, kommuniziert in Wirklichkeit überhaupt nicht, zumindest nicht im vollsten Sinne des Wortes; denn um vollständig zu kommunizieren, müsste er Zufluss genauso haben wie Abfluss. Bei jemandem, der ausschließlich Kommunikation hereinkommen lässt, ist das Zufluss (engl. in, „herein“, und flow, „fließen“): hereinkommende Kommunikation oder die Handlung, Kommunikation hereinkommen zu lassen. Abfluss (engl. out, „hinaus“, und flow, „fließen“): hinausgehende Kommunikation oder die Handlung, Kommunikation hinausgehen zu lassen.
Ist das Gleichgewicht ebenfalls gestört, denn wenn er Zufluss betreibt, muss er dann auch Abfluss betreiben. Alle Einwände, die jemand gegen soziale und zwischenmenschliche Beziehungen haben mag, kann man letzten Endes auf Verstöße gegen diese Regel der Kommunikation zurückführen. Jeder, der spricht – sofern er sich nicht in einem zwanghaften oder besessenen Daseinszustand befindet –, wird verzweifeln, wenn er keine Antworten bekommt. Und ganz ähnlich wird jemand, zu dem gesprochen wird, verzweifeln, wenn ihm keine Gelegenheit gegeben wird, seine Erwiderung zu äußern. Selbst die Hypnose kann man mit dieser Regel der Kommunikation verstehen. Hypnose ist ein fortwährender Zufluss, ohne dass die Person, die hypnotisiert wird, eine Möglichkeit zum Abfluss hat. In der Hypnose wird das so weit getrieben, dass der Behandelte tatsächlich an der Stelle, wo er hypnotisiert wird, gefangengesetzt wird und von diesem Augenblick an in gewissem Ausmaß an dieser Stelle gefangen bleiben wird. Daher könnte man sogar so weit gehen, zu sagen, das Ankommen einer Gewehrkugel sei eine schwere Form von Hypnose. Der Mensch, der eine Kugel erhält, sendet selbst keine Kugel hinaus, und deshalb wird er verletzt. Könnte er eine Kugel aussenden, unmittelbar nachdem er eine Kugel abbekommen hat, so ließe sich die interessante Frage stellen: „Wäre er verwundet?“
Wirklich: Befände er sich in perfekter Kommunikation mit seiner Umgebung, dann könnte es ihm nicht einmal passieren, eine Gewehrkugel in nachteiliger Weise zu empfangen. Aber lassen Sie uns diese Frage von einem äußerst praktischen Gesichtspunkt aus betrachten. Wenn wir zwei Lebenseinheiten vor uns haben, die sich in Kommunikation miteinander befinden, dann können wir die eine von ihnen „A“ nennen, die andere „B“. Bei einer guten Kommunikation würde A Abfluss machen und B würde empfangen, und dann würde B Abfluss machen, und A würde empfangen. Danach würde wieder A Abfluss machen, und B würde empfangen. In jedem Fall wüssten sowohl A als auch B, dass die Kommunikation empfangen wird, und sie wüssten, was und wo die Quelle der Kommunikation ist. Schön. Wir haben A und B, die einander in einer Kommunikation gegenüberstehen. A macht Abfluss. Seine Mitteilung bewegt sich über eine Entfernung hinweg zu B, der sie hereinkommen lässt (d.h. Zufluss macht). In dieser Phase der Kommunikation ist A Ursache, B ist Wirkung, und den dazwischenliegenden Raum bezeichnen wir als die Entfernung. Man beachte hierbei, dass A und B beide Lebenseinheiten sind. Eine wirkliche Kommunikation findet zwischen zwei Lebenseinheiten statt. Sie findet nicht zwischen zwei Objekten oder von einem Objekt zu einer Lebenseinheit statt: A, eine Lebenseinheit, ist Ursache; der dazwischenliegende Raum ist die Entfernung; und B, wieder eine Lebenseinheit, ist Wirkung. Eine Vervollständigung dieser Kommunikation vertauscht nun die Rollen. A, dem geantwortet wird, ist jetzt die Wirkung, und B ist die Ursache. Dies ist also ein Zyklus, der eine wirkliche Kommunikation erst vervollständigt. Der komplette Zyklus ist Ursache – Entfernung Wirkung, wobei Wirkung anschließend zur Ursache wird und über eine Entfernung hinweg zum ursprünglichen Ausgangspunkt kommuniziert, der jetzt Wirkung ist. Dies nennen wir eine Zweiwegkommunikation. Wenn wir das weiter untersuchen, dann stellen wir fest, dass hier noch andere Faktoren beteiligt sind. Da gibt es die Absicht von A. Bei B wird daraus Aufmerksamkeit. Und wenn eine wirkliche Kommunikation stattfinden soll, dann muss bei B eine
Duplikation 1. bildungssprachlich
das Duplizieren; Verdopplung
2. Genetik
Verdopplung eines Chromosomenabschnitts
Genduplikation bezeichnet in der Genetik eine Verdoppelung eines bestimmten Abschnitts eines Chromosoms, also die dauerhafte Verdoppelung einzelner Gene oder Gengruppen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Genduplikation
dessen erfolgen, was von A ausgesandt worden ist. A muss natürlich auch Aufmerksamkeit auf B gerichtet haben, um eine Kommunikation auszusenden, und B muss dieser Kommunikation eine gewisse Absicht gewidmet haben, zumindest die Absicht, zuzuhören oder zu empfangen. Somit gibt es sowohl bei Ursache als auch bei Wirkung Absicht und Aufmerksamkeit. Nun haben wir hier noch einen weiteren Faktor, der sehr wichtig ist. Das ist der Faktor der Duplikation. Wir könnten das als Realität ausdrücken, oder als Übereinstimmung. Das Ausmaß an Übereinstimmung, das in diesem Kommunikationszyklus zwischen A und B erreicht wird, wird zu ihrer Realität. Und das wird mechanisch durch Duplikation bewerkstelligt. In anderen Worten: Das Ausmaß an Realität, das in diesem Kommunikationszyklus erreicht wird, hängt vom Ausmaß an Duplikation ab. B als Wirkung muss zu einem gewissen Grad duplizieren, was von A als Ursache ausgesendet worden ist, damit der erste Teil des Zyklus wirksam werden kann. Danach muss A, der jetzt zur Wirkung geworden ist, das duplizieren, was von B ausgesendet worden ist, damit die Kommunikation abgeschlossen werden kann. Wenn dies alles stattfindet, dann gibt es keine verwirrenden Konsequenzen. Wenn jedoch diese Duplikation bei B und dann bei A nicht stattfindet, dann läuft das Ergebnis auf einen unvollendeten Aktionszyklus hinaus. Wenn zum Beispiel B nicht im entferntesten dupliziert hat, was von A ausgesendet worden ist, dann ist der erste Teil des Kommunikationszyklus nicht zustande gekommen, und eine große Menge an zielloser Bewegung, Auseinandersetzungen und Erklärungen kann die Folge sein. Wenn dann A nicht dupliziert hat, was von B ausgesendet worden ist, als im zweiten Zyklus B Ursache war, dann ist es wieder zu einem unvollständigen Kommunikationszyklus mit darauffolgender Unrealität gekommen.
Nun werden wir natürlich, wenn wir die Realität senken, auch die Affinität senken. Deshalb sieht man die Affinität zurückgehen, wo Duplikation fehlt. Ein vollständiger Kommunikationszyklus wird zu hoher Affinität führen und wird im Endeffekt sich selber aufheben. Wenn wir irgendeinen oder mehrere der genannten Faktoren in Unordnung bringen, dann erhalten wir einen unvollständigen Kommunikationszyklus, und wir sehen entweder A oder B oder auch beide auf das Ende des Zyklus warten. Auf solche Art wird die Kommunikation verwirrend. Das Wort „aberrieren“ bedeutet: verursachen, dass etwas von einer geraden Linie abweicht. Das Wort kommt im Grunde aus der Optik. Verwirrung ist einfach etwas, das keine geraden Linien enthält. Eine Verwirrung ist ein Knäuel von gekrümmten Linien. Eine Masse ist nicht mehr und nicht weniger als eine Verwirrung von schlecht gehandhabter Kommunikation. Die Energiemassen und Energieablagerungen, die Faksimiles und Engramme, die den Student umgeben, sind nicht mehr und nicht weniger als unvollendete Kommunikationszyklen, die bei A und B noch immer auf eine angemessene Antwort warten. Ein unvollendeter Kommunikationszyklus erzeugt etwas, das man als „Antworthunger“ bezeichnen könnte. Ein Individuum, das auf ein Signal wartet, dass seine Kommunikation empfangen worden ist, neigt dazu, jeden beliebigen Zufluss zu akzeptieren. Wenn jemand für eine sehr lange Zeitspanne immerfort auf Antworten gewartet hat, die nicht gekommen sind, dann wird er jede beliebige Art von Antwort, ganz gleich woher, zu sich hereinziehen; so versucht er, seinem Antwortmangel abzuhelfen. Auf diese Art wird er
engrammatische
Engramm
Im Zentralnervensystem hinterlassene Spur eines Reiz- oder Erlebniseindrucks; Erinnerungsbild
Engramm ist eine allgemeine Bezeichnung für eine physiologische Spur, die eine Reizeinwirkung als dauernde strukturelle Änderung im Gehirn hinterlässt. Die Gesamtheit aller Engramme – es sind Milliarden – ergibt das Gedächtnis.
https://de.wikipedia.org/wiki/Engramm
Sätze in der Verstand gegen sich selbst aktivieren und zur Einwirkung bringen. Unvollständige Kommunikationszyklen erzeugen einen Mangel an Antworten. Es hat kein großes Gewicht, was die Antworten aussagen oder aussagen sollten, solange sie auch nur halbwegs zu dem Thema passen, um das es geht. Wenn jedoch irgendeine vollkommen unvorhergesehene Antwort gegeben wird, wie bei zwanghafter oder besessener Kommunikation, oder wenn überhaupt keine Antwort gegeben wird – das allerdings spielt eine Rolle. Kommunikation selbst ist nur dann verwirrend, wenn die Kommunikation, die von Ursache ausgesendet wurde plötzlich war und nicht in folgerichtigem Zusammenhang mit der Umgebung stand. Hier haben wir einen Verstoß gegen die Faktoren Aufmerksamkeit und Absicht.
Aktionszyklus: die Abfolge, die eine Aktion durchläuft, wobei die Aktion begonnen, so lange wie erforderlich fortgesetzt und wie geplant abgeschlossen wird.
Der Faktor des Interesses spielt hier ebenfalls mit, ist aber wesentlich weniger wichtig, zumindest vom Standpunkt des Bodhie aus. Nichtsdestoweniger werden sehr viele Aspekte des menschlichen Verhaltens dadurch erklärt, und auch das Thema Circuits findet eine erheblich bessere Erklärung. A hat die Absicht, B zu interessieren. B wird, damit zu ihm gesprochen werden kann, interessant. Gleichermaßen ist B, wenn er dann eine Kommunikation aussendet, interessiert, und A ist interessant, Hier haben wir als Bestandteil der Kommunikationsformel (aber wie ich sagte, als weniger wichtigen Bestandteil) einen fortwährenden Wechsel von Interessiertsein zu Interessantsein, und zwar bei Beiden, sowohl A als auch B. Ursache ist interessiert, Wirkung ist interessant. Von etwas größerer Wichtigkeit ist folgende Tatsache: Die Absicht von A, empfangen zu werden, macht es für ihn notwendig, duplizierbar zu sein. Wenn A nicht im geringsten imstande ist, duplizierbar zu sein, dann wird seine Kommunikation natürlich bei B nicht empfangen werden. Denn da B nicht in der Lage ist, A zu duplizieren, kann er die Kommunikation nicht empfangen. Ein Beispiel: A spricht, sagen wir, Chinesisch, während B nur Französisch verstehen kann. Es ist daher notwendig, dass A sich duplizierbar macht, indem er zu B französisch spricht – da dieser ja nur Französisch versteht. In einem Fall, wo A eine bestimmte Sprache spricht, B dagegen eine andere, und sie keine Sprache gemeinsam haben, bleibt uns als weiterer Faktor die Möglichkeit der Nachahmung; es kann also trotzdem eine Kommunikation stattfinden. Angenommen, A hat eine Hand, dann könnte er seine Hand heben. Wenn B auch eine Hand hat, könnte er sie ebenfalls heben. Dann könnte B seine andere Hand erheben, A könnte seine andere Hand erheben, und wir hätten einen Kommunikationszyklus mit Hilfe von Nachahmung abgeschlossen. Kommunikation durch Nachahmung könnte man auch als Kommunikation mit Hilfe von Masse bezeichnen. Wir sehen, dass Realität das Ausmaß von Duplikation zwischen Ursache und Wirkung ist. Die Affinität wird nicht nur von der Entfernung, sondern auch von der Absicht und von der Größe der beteiligten Partikel bestimmt. Die größte Affinität, die man für etwas haben kann, besteht darin, denselben Raum einzunehmen. In dem Ausmaß, wie sich die Entfernung vergrößert, sinkt die Affinität. Darüber hinaus sinkt die Affinität auch in dem Grade, wie die Menge an Masse oder Energiepartikeln sich erhöht. Und die Affinität sinkt auch, je mehr die Geschwindigkeit von dem abweicht, was A und B als optimale Geschwindigkeit betrachtet haben – wenn also eine größere oder geringere Geschwindigkeit vorhanden ist als jene, die sie als die richtige Geschwindigkeit betrachten. Es gibt einen anderen feinen Punkt, der mit Kommunikation zu tun hat, und das ist die Erwartung. Im Grunde sind alle Dinge Betrachtungen. Wir haben die Betrachtung, dass Dinge existieren, also existieren sie. Die Idee ist den mechanischen Phänomenen – Energie, Raum, Zeit und Masse – immer übergeordnet. Es wäre möglich, ganz andere Ideen über Kommunikation zu haben als die hier besprochenen. Wie auch immer – zufällig sind dies die Vorstellungen von Kommunikation, die in diesem Universum üblich sind und von den Lebenseinheiten dieses Universums verwendet werden. Wir haben hier die grundlegende Übereinkunft über das Gebiet der Kommunikation in der Kommunikationsformel, wie sie hier angegeben ist. Da Ideen dem übergeordnet sind, kann ein Bodhie zusätzlich zur Kommunikationsformel:
1. irgend etwas, was in einem Kommunikationssystem verwendet wird; etwas, das Masse enthält. Etwas mit Masse, Bedeutung, Beweglichkeit. Alles, was eine Mitteilung empfangen, weiterleiten oder aussenden kann.
2. jede Masse, die in irgendeinem Kommunikationssystem in einer festgelegten Position verwendet wird (z.B. ein Mensch oder ein Posten). Und wenn darüber nicht eine allgemeine Übereinstimmung besteht, kann er in die Lage geraten, ganz eindeutig „aus der Kommunikation heraus“ zu sein. Nehmen wir das Beispiel eines supermodernen Schriftstellers, der darauf besteht, dass die ersten drei Buchstaben eines jeden Wortes ausgelassen werden sollten, dass kein Satz beendet werden sollte oder dass die Beschreibung von Charakteren in der Ausdrucksweise des Kubismus erfolgen sollte. Er wird unter seinen Lesern keine Zustimmung finden. Und so wird er zu einem bestimmten Grad ein einsamer Wolf werden. Es gibt einen fortwährenden Vorgang natürlicher Auslese, könnte man sagen, der fremdartige oder seltsame Vorstellungen von Kommunikation ausmerzt. Die Menschen halten sich, um in Kommunikation miteinander zu sein, an die grundlegenden Regeln, wie sie hier angegeben sind. Und wenn irgend jemand versucht, zu weit von diesen Regeln abzuweichen, dann duplizieren sie ihn einfach nicht. Das Ergebnis davon ist, dass er aus der Kommunikation herausgerät. Seit dem Jahr 1790 haben wir verfolgt, wie eine ganze Rasse von Philosophen zu existieren aufhörte. Wir haben beobachtet, wie die Philosophie zu einem sehr unwichtigen Fachgebiet wurde, während sie früher einmal eine ausgesprochen gängige Münze unter den Menschen war. Die Philosophen selbst begaben sich aus der Kommunikation mit den Menschen heraus, indem sie darauf bestanden, Wörter mit Spezialdefinitionen zu verwenden, die von den Menschen im allgemeinen nicht mit Leichtigkeit begriffen werden konnten. Die in der Philosophie gebrauchten Ausdrucksweisen konnten von Menschen mit relativ beschränktem Wortschatz nicht ohne weiteres dupliziert werden. Nehmen Sie solche Zungenbrecher wie „Telekinese“. Während es wahrscheinlich etwas sehr Interessantes, ja ungemein Wichtiges bedeutet, werden Sie doch feststellen – wenn Sie einmal genau zurückdenken –, dass kein Taxifahrer dieses Wort in den Mund genommen hat, während Sie bezahlten, und nicht einmal während der wortreicheren Augenblicke der Fahrt. Die grundlegende Schwierigkeit mit der Philosophie war vermutlich, dass sie den Verwicklungen der deutschen Grammatik anheimfiel; man folgte dem Beispiel Immanuel Kants. Und vielleicht erinnern Sie sich an diese wundervolle Geschichte von Saki: Ein Mann wurde einmal zu Tode getrampelt, als er versuchte, einem Elefanten deutsche unregelmäßige Zeitwörter beizubringen. Die Philosophie schüttelte einen Teil ihrer Verantwortung für einen Kommunikationszyklus von sich ab, indem sie sich für ihre Leser unduplizierbar machte. Es ist die Verantwortung eines jeden, der kommunizieren will, dass er mit einem Wortschatz spricht, der verstanden werden kann. Daher konnte die Philosophie seit etwa 150 Jahren einen vernünftigen Kommunikationszyklus nicht einmal beginnen, und deshalb ist sie tot. Beschäftigen wir uns nun mit einem Menschen, der im Leben sehr „erfahren“ geworden ist. Dieser Mensch hat einen besonderen Erinnerung.
Dieser Erinnerung ist sein eigener Erinnerung; es ist nicht der Erinnerung von irgend jemand anderem. Die verschiedenen individuellen Persönlichkeiten der Menschen existieren im Grunde deshalb, weil verschiedene Dinge mit ihnen geschehen und weil sie diese verschiedenen Dinge von verschiedenen Geres, das, was sich bewusst ist, bewusst zu sein; die Identität die der einzelne ist; die des Bewusstseins bewusste Einheit.
Kubismus: Abgesehen von seinen bekannteren Ausdrucksformen in Malerei und Skulptur (Auflösung des Organischen in geometrische Formen) ist der Kubismus auch eine schriftstellerische Technik (selten), die bizarre Assoziationen und unzusammenhängende Bilder benutzt, den Stoff gleichzeitig unter mehreren Gesichtspunkten erscheinen lässt, usw., um abstrakte strukturelle Beziehungen auszunutzen. Einsamer Wolf: jemand, der keine Wirkung auf sich selbst zulassen kann und totale Wirkung auf alle anderen und alles andere ausüben muss. Das ist die Kategorie des „einsamen Wolfes“. Eine solche Person kann niemals auf der Basis eines Teams kommunizieren.
So kommt es zur Entfaltung der Individualität, und so kommt es zu individueller Meinung, Betrachtung und Erfahrung. Zwei Menschen, die die Straße entlanggehen, beobachten einen Unfall. Jeder von ihnen sieht den Unfall von einem zumindest geringfügig unterschiedlichen Gesichtspunkt aus. Wenn wir zwölf verschiedene Zeugen des gleichen Unfalls befragen, so werden wir wahrscheinlich zwölf verschiedene Unfälle finden. Ganz unabhängig von der Tatsache, dass Zeugen einem gerne das erzählen, was sie gesehen zu haben glauben, anstelle dessen, was sie wirklich gesehen haben – ganz unabhängig davon hat es wirklich zwölf verschiedene Punkte gegeben, von denen aus der Unfall beobachtet worden ist. Das Vorgefallene hat somit zwölfmal verschieden ausgesehen. Wenn man die zwölf Zeugen zusammenbrächte und wenn sie untereinander über diesen Unfall kommunizieren würden, dann würden sie zu einer übereinstimmenden Ansicht darüber gelangen, was wirklich vorgefallen ist. Das war vielleicht nicht der Unfall, aber sicherlich ist es der Unfall, über den man sich einig ist, und daraus wird dann der wirkliche Unfall. Auf solche Art arbeiten Gerichte. Vielleicht urteilen sie über das wirkliche Verbrechen, vielleicht auch nicht – sicherlich aber urteilen sie über das Verbrechen, über welches man sich einig ist.
In jedem Krieg dauert es zwei oder drei Tage, bevor sich genügend Übereinstimmung einstellt, dass man wissen kann, was sich in einer Schlacht ereignet hat. Es mag eine wirkliche Schlacht gegeben haben, eine wirkliche Aufeinanderfolge von Geschehnissen und Vorfällen. Aber die Tatsache, dass jeder Mann in der Schlacht die Schlacht von seinem eigenen, besonderen Gesichtspunkt aus gesehen hat (worunter wir strikt den „Punkt, von dem aus er schaute“ verstehen, nicht seine Meinungen), bedeutet, dass niemand die Schlacht als ganze gesehen hat. Es muss also eine gewisse Zeit vergehen, in der genügend Kommunikation über die Schlacht stattfinden kann, so dass alle zu einer gewissen Form von Übereinstimmung darüber gelangen können, was geschehen ist. Wenn natürlich die Historiker sich dieser Schlacht bemächtigen und beginnen, voneinander abweichende Berichte darüber zu schreiben, beruhend auf den Erinnerungen von Generälen, die versuchten, ihre Niederlagen hinwegzuerklären, dann werden wir sicherlich eine sehr verdrehte Darstellung bekommen. Und doch wird daraus die Schlacht, über die man sich einig ist, soweit es das Fachgebiet Geschichte betrifft. Wenn man die Historiker liest, wird man sich darüber klar, dass man niemals wirklich wissen wird, was sich bei Waterloo, Bennington oder Marathon ereignet hat. Da wir es als eine Kommunikation betrachten können, wenn ein Soldat auf einen anderen Soldaten schießt, sehen wir, dass wir Kommunikationen über Kommunikation studieren. Diese gelehrte Tätigkeit ist ja sehr nett, aber sie bringt uns der Lösung menschlicher Probleme nicht besonders viel näher.
Wir haben festgestellt, dass die beiden Wörter „Ursache“ und „Wirkung“ in der Kommunikationsformel eine auffallend wichtige Rolle spielen. Wir haben festgestellt, dass die ursprüngliche Ursache am Ende des Zyklus abschließend zur Wirkung geworden ist. Weiterhin hat sich in der Mitte des Zyklus die ursprüngliche Wirkung unmittelbar in die Ursache umgewandelt, damit ein guter Kommunikationszyklus ablaufen konnte.
Was meinen wir also mit „Ursache“? Ursache ist einfach der Punkt, von dem die Kommunikation ausgesendet wird.
Was ist „Wirkung“? Wirkung ist der Empfangspunkt der Kommunikation.
Da wir nur an Lebenseinheiten interessiert sind, sehen wir, dass wir Ursache jederzeit leicht feststellen können. Wir sind nicht an Ursachen zweiten oder dritten Grades interessiert. Wir sind in keiner Weise an mitwirkenden Ursachen interessiert. Wir interessieren uns auch nicht für Wirkungen zweiten oder dritten Grades, ebensowenig für unterstützende Wirkungen. Jedes Mal, wenn wir auf den Ursprungspunkt einer Kommunikation blicken, gehen wir davon aus, dass wir auf Ursache blicken. Da der gesamte Erinnerung aus diesem Muster von Ursache und Wirkung besteht, ist ein Individuum sehr anfällig dafür, jedesmal, wenn es einen möglichen Ursachepunkt sieht, nach einem früheren Ursachepunkt Ausschau zu halten, und dann nach einem früheren und einem noch früheren und einem immer noch früheren.
Nach einer Weile verlegt es sich dann darauf, die Bibel zu lesen.
Da jede Ursache einfach gewählte Ursache ist und jede Wirkung einfach gewählte Wirkung, und da die Idee einer Kommunikation die erste und grundlegende Stufe des ganzen Ablaufs ist, ist Ursache das, was wir dazu erwählen, Ursache zu sein, und Wirkung ist das, was die Wahl trifft, Wirkung zu sein; und mehr lässt sich darüber nicht sagen.
Ursache in unserem Wörterbuch hier bedeutet nur „Ursprungspunkt“.
Wirkung bedeutet nur „Empfangspunkt“.
Wir bemerken, dass in der Mitte des Kommunikationszyklus beim Empfangspunkt eine Veränderung vorgeht und dass er zum Ursprungspunkt wird. Wir könnten diese Veränderung in der Mitte des Kommunikationszyklus mit irgendeiner besonderen Bezeichnung versehen, aber das ist gar nicht notwendig. Für unsere Zwecke würden wir damit zu kompliziert werden.
Nun kommen wir zu der Problematik, was eine Lebenseinheit denn zu erleben bereit sein muss, wenn sie kommunizieren will.
Zunächst einmal muss der ursprüngliche Ursachepunkt bereit sein, duplizierbar zu sein. Er muss fähig sein, dem Empfangspunkt zumindest eine gewisse Menge an Aufmerksamkeit zu schenken. Der ursprüngliche Empfangspunkt muss bereit sein zu duplizieren, er muss bereit sein zu empfangen, und er muss bereit sein, zu einem Ursprungspunkt zu werden, damit er die Kommunikation oder eine Antwort darauf zurücksenden kann. Der primäre Ursprungspunkt muss auch seinerseits bereit sein, ein Empfangspunkt zu werden. Da wir es im Grunde mit Ideen zu tun haben, nicht mit mechanischen Dingen, sehen wir dann, dass eine innere Einstellung zwischen einem Ursachepunkt und einem Wirkungspunkt vorhanden sein muss, wo jeder von beiden bereit ist, nach Belieben Ursache oder Wirkung zu sein; bereit ist, beliebig zu duplizieren; bereit ist, nach Belieben duplizierbar zu sein; bereit ist, nach Belieben die Rolle zu wechseln bereit ist, die Entfernung zwischen Ursache und Wirkung zu erleben; kurz – bereit ist, zu kommunizieren. Wo wir diese Voraussetzungen bei einem Individuum oder einer Gruppe antreffen, haben wir es mit geistig gesunden Menschen zu tun. Wo wir auf einen Widerwillen stoßen, Kommunikationen auszusenden oder zu empfangen; wo Menschen zwanghaft oder besessen Kommunikationen aussenden, ohne eine bestimmte Richtung und ohne den Versuch, duplizierbar zu sein; wo Individuen, die Kommunikationen empfangen, schweigend dastehen und nicht bestätigen oder nichts erwidern – dort haben wir verwirrende Faktoren. Und vom Standpunkt des Prozess aus ist es sehr interessant, festzustellen, dass wir damit sämtliche verwirrenden Faktoren haben, die es gibt.
Wir brauchen nicht mehr über Verwirrung, zu wissen, als dass sie eine Unordnung des Kommunikationszyklus darstellt. Aber um das zu wissen, müssen wir natürlich die Bestandteile der Kommunikation und das erwartete Verhalten kennen. Einige der Umstände, die bei einer verwirrenden Kommunikationslinie vorkommen können, sind: ein Versagen, duplizierbar zu sein, bevor man eine Kommunikation aussendet; eine Absicht, die dem zuwiderläuft, dass man empfangen wird; ein Widerwille, eine Kommunikation zu empfangen oder zu duplizieren; ein Widerwille, Entfernung zu erleben; ein Widerwille, den Wechsel zwischen Ursache und Empfangspunkt vorzunehmen; ein Widerwille, Aufmerksamkeit zu schenken; ein Widerwille, Absicht auszudrücken; ein Widerwille, zu bestätigen; und ganz allgemein ein Widerwille, zu duplizieren. Wir könnten so weit gehen, zu sagen: Der Grund dafür, dass Kommunikation stattfindet, anstatt denselben Raum einzunehmen und zu wissen – die Kommunikation, führt ja die Idee der Entfernung ein –, liegt darin, dass man nicht bereit ist, in dem Ausmaß zu SEIN, wie es notwendig wäre, um alles beliebige zu sein. Man kommuniziert lieber, als dass man ist.
So stellen wir fest, dass die Unfähigkeit zu kommunizieren eine Gradientenskala ist – sie sinkt gemeinsam mit der Unfähigkeit zu sein.
Wir kommen so weit, dass Individuen schließlich nur noch sie selbst sein wollen – was auch immer das sein mag –, und damit zum „einsamen Wolf“ werden. Im selben Ausmaß, wie ein Mensch ein „einsamer Wolf“ wird, ist er unwillig zukommunizieren. Ein Individuum, das ausschließlich es selbst geworden ist, befindet sich in der traurigen und erbärmlichen Lage herunter zu sein – mindestens. Es mag für jemanden den Anschein haben, dass die Lösung auf das Problem der Kommunikation darin bestehe, nicht zu kommunizieren. Jemand könnte sagen, dass er jetzt nicht in Schwierigkeiten wäre, wenn er von vornherein nicht kommuniziert hätte. Darin liegt vielleicht etwas Wahres; aber noch mehr Wahrheit liegt in der Tatsache, dass Prozessing in einer Richtung, die Kommunikation unnötig macht oder Kommunikation reduziert, überhaupt kein Prozessing ist, sondern reiner Mord.
Ein Mensch ist so tot, wie er nicht kommunizieren kann. Er ist so lebendig, wie er kommunizieren kann.
Mit zahllosen Schriften wurde festgestellt, dass die einzige Abhilfe für das Leben weiteres Kommunizieren ist.
Man muss seine Fähigkeit zu kommunizieren vergrößern.
Wohl der einzige schwere Fehler, der in der östlichen Philosophie existiert, und wahrscheinlich der Fehler, war diese Idee, dass man sich vom Leben zurückziehen sollte. Es schien, dass jeder gute Freund, der unter den Priestern und heiligen Männern war, den Versuch machte, sich zurückzuziehen und seine Kommunikationen mit dem Dasein abzuschneiden. Was die Lehrbücher der östlichen Philosophie auch immer sagen mögen, dies war die Praxis jener Menschen, die mit dem mentalen und geistigen Knowhow des Ostens am meisten vertraut waren. So gab es Menschen, die vierzehn oder achtzehn Jahre brauchten, um sich zu einer hohen Stufe von spiritueller Gelassenheit hochzuarbeiten. Es gab eine große Anzahl Männer die sich bemühen und sehr wenige die ihr Ziel erreichen.
Von ungeduldigen und eher praktischen westlichen Betrachtungen aus war das unerträglich.
Kommunizieren oder nicht kommunizieren?
Wenn man sich dadurch, dass man kommuniziert, in so ernste Schwierigkeiten bringt, dann sollte man natürlich aufhören zu kommunizieren.
Aber das ist nicht der Fall.
Wenn man sich dadurch, dass man kommuniziert, in Schwierigkeiten bringt, sollte man weiter kommunizieren.
Mehr Kommunikation, nicht weniger, ist die Antwort.