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💝 EMOTIONSSKALA - Neunzehntes Kapitel - Der Kampf der Geschlechter
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★ Ronald Johannes deClaire Schwab:
Neunzehntes Kapitel - https://bodhie.eu/ton
Der Kampf der Geschlechter
Jeder halbwegs vernünftige Mensch weiß, dass zwei plus zwei durchaus nicht
immer vier gibt. Nirgendwo aber erleben wir die Richtigkeit dieser Binsenwahrheit so
offensichtlich wie In der Ehe. Heiratet ein Mensch der Gefühlsebene 2,0 einen Partner
vom gleichen Niveau, dann herrscht nicht etwa eitler „Enthusiasmus“ (4,0), sondern
ein Feuerwerk prasselt lichterloh los.
Natürlich sieht jeder die Liebe mit eigenen Augen. Das heißt: Seine Einstellung
richtet sich ganz nach seinem Stimmungsbereich. Die Liebe allein ist kein Emotionsniveau,
doch vermag sie den Menschen auf der Skala hinauf- oder hinab zu bewegen,
beziehungsweise sein momentanes Niveau zu intensivieren. Auf allen Stufen
der Skala treffen wir die Liebe an. Vielleicht kennt der eine oder andere von uns einen
jungen Mann, der sich so „unsterblich“ in „seine Flamme“ verliebt hat, dass er
sich buchstäblich vor Sehnsucht nach ihr verzehrt. (Dies, nebenbei, darf wohl in den
„Apathie“-Bezirk verwiesen werden.) Ganz sicher aber sind wir irgendwann einmal
einem jungen Mädchen begegnet, das dank seiner Glückseligkeit geradezu aufblühte.
Betrachten wir uns doch einmal näher diese „ernsthafte Geisteskrankheit“, wie
Plato die Liebe genannt hat, auf den verschiedenen Ebenen der Skala.
Personen der Stufen “Traurigkeit“ und „Apathie“ sind selten imstande, liebevolle
Gefühle zu äußern: Sie möchten vielmehr selber geliebt werden. Und wenn sie
von jemandem geliebt werden, dann leben sie in der ständigen Furcht, dieser Liebe
verlustig zu gehen. Und weil diese Furcht so übergroß ist, werden sie von „der ganzen
Sache nicht viel haben“. Immerzu werden sie weinerlich monieren: „Ach, du liebst mich ja doch nicht wirklich.“
Derartige Leute bedürfen der ewigen Beteuerung.
Gar zu viele Ehen werden nicht aus Liebe geschlossen, sondern aus dem Gefühl,
der Partner „brauche“ sie oder ihn. Statt einer echten Empfindung (zu der sie
nicht fähig sind) haschen nicht wenige Menschen nach einer Art von „Ersatz“. Hier
haben wir es mit Personen zu tun, die sich um die Gunst anderer bemühen. Wer unentwegt
auf der „Furcht“- Ebene zu Hause ist, sehnt sich nach Sicherheit. Glaubt er,
jemanden gefunden zu haben, der ihm diese Sicherheit bieten kann, dann greift er
mit bei den Händen zu: Er rennt stehenden Fußes zum Standesamt.
Der 1,1er, der zu einer wahren Empfindung kaum fähig ist, wird stets eine
große Show abziehen, falls er glaubt, dieses Spektakel rentiere sich. Er macht seiner
„Angebeteten“ den Hof. Er umschwärmt sie. Er liest ihr wie es scheint – jeden
Wunsch von den Augen ab. Wie Honigseim fließen ihm die süßen Worte von den
Lippen. Was aber tut er während dieses ganzen Theaters wirklich? Er betrügt. Er
nützt das Vertrauen der Partnerin aus. Mit Vorliebe „belehrt“ er sie und versucht ihr
beizubringen, wie sie sich ihrer jeweiligen Umgebung anzupassen habe.
Selbstverständlich benehmen sich nicht nur Männer gegenüber Frauen so:
Das so genannte schwache Geschlecht versteht sich gleichfalls sehr wohl auf dieses
Spiel. Keine Frage, dass solche Leute ihre feierlichen Gelübde ohne weiteres brechen,
wenn ihnen dies angebracht erscheint. Keine Frage auch, dass sie heimliche
Affären genüsslich auskosten.
Nun zum 1,2er: Er glaubt nicht an die Liebe, aber es macht ihm Spaß, den „Ladykiller“ zu spielen.
Der 1,5er indessen unterdrückt und beherrscht seinen Partner, indem er endlos
Beschuldigungen und Kränkungen auftischt. Mit aller Gewalt will er Zuneigung
erzwingen. („Sag doch, dass du mich liebst!“)
Leute im Bereich des „Antagonismus“ halten Ausschau nach einem Partner,
mit dem sie krakeelen können. Es geht also nicht um die Liebe, sondern um den, der liebt.
Was ist Liebe?
Fred Allan hat einmal geschrieben: „Um die Liebe dreht sich alles – im Guten wie im Schlechten.“
Auch das hängt ganz vom Emotionsniveau ab. Der Mensch sucht instinktiv
nach einem Partner des andern Geschlechts. Liebe auf höchster Gefühlsstufe gründet
sich auf echte Freundschaft, die auch dann bestehen bleibt, wenn es nicht zu
einer romantischen oder körperlichen Beziehung kommt. Eine solche Verbindung
erfordert die Bereitschaft und die Fähigkeit, gemeinsam über Erstrebenswertes zu
reden (und in diesem Sinne zu handeln).
Die Gemeinsamkeit schenkt beiden Partnern ein Gefühl der Zuneigung und
des Verstehens. Falls sich zwei Menschen über die elementarsten Fragen des Daseins
uneinig sind, wird kaum je Verständnis und Freundschaft entstehen können.
Wenn Ihnen einer erzählt: „Wir können nicht miteinander reden, aber wir lieben uns
von Herzen“, dann können Sie Gift darauf nehmen, dass dieser Mensch Ihnen einen
Bären aufbinden will (sich selber natürlich auch). Hier kann nicht von Liebe die Rede
sein, sondern lediglich von einer Anhänglichkeit (und Abhängigkeit).
Unterhalb der Schwelle 2,0 neigt der Mensch dazu, nur das Materielle und
Körperliche für wichtig zu halten. Deshalb wählt er seinen Gefährten auch nicht wegen
des gemeinsamen Einverständnisses: Er verliebt sich in einen „Gegenstand“.
Das merkt man vor allem dann, wenn er seinen „Schatz“ mit den plastischen Worten
„Mann, ist die vielleicht gebaut!“ beschreibt. Frauen pflegen in ähnlichen Fällen zu
schwärmen: „Oh, wie süß ist er! Und er sieht aus wie ein Filmstar!“
Später müssen diese Überschwänglichen allerdings zu geben, dass sie gar
nicht recht kapieren, wovon der Partner eigentlich fasele. Dennoch: „Ich bin ganz verrückt
nach ihm!“ Der also düpierte Mann beschwert sich: „Na, sie hat zwar nicht alle
Tassen im Schrank, aber wen stört das schon im Dunkeln?“ Ein paar Jahre danach
hängen derartige Leute ihre tristen Köpfe über Bartheken und stöhnen: „Mein Mann
(oder meine Frau) versteht mich einfach nicht…“!
„Wie fängt man sich einen Mann?“
Fällt ein Mensch von niedrigem Emotionsniveau in die Abhängigkeit eines geliebten
„Gegenstandes“, dann möchte er ihn auch mit Haut und Haaren besitzen und
kontrollieren. Solche Romanzen beginnen häufig damit, dass der Mann seine Freundin
„verführen“ will. Die Frau hingegen verschlingt begierig in den Zeitungen jene Artikel,
deren Tenor lautet: „Wie fängt man sich einen Mann?“
Ist die Ouvertüre beendet, dann versucht der Mensch auf tieferem Gefühlsbereich,
seinen Partner apathisch zu machen. Das lässt sich auch anders ausdrücken:
In diesem Stadium glaubt der Mensch, der andere sei sein Lustobjekt, das jederzeit „vernascht“ werden könne.
Dies ist der viel zitierte „Kampf der Geschlechter“: Zwei Individuen der niederen
Emotionsstufen sind bemüht, sich gegenseitig zu besitzen, zu beherrschen, zu
überwachen. Natürlich widersetzt sich jeder diesem Machtanspruch, indem er die
ihm zu Gebote stehenden Abwehrkräfte mobilisiert.
Die „Abwechslung“
Außer seinem Verlangen nach Freundschaft und Verständnis braucht der
Mensch Empfindungsreize. An der Skalaspitze fällt es ihm nicht weiter schwer, allerlei
„normale“ er Erlebnisse dieser Art zu genießen. Auf den tiefer gelegenen Stufen
indessen bedarf der Mensch stärkerer Sinnenkitzel. Sein Liebesleben kann Formen
der Besessenheit annehmen: In einem fort sucht er nach „Abwechslung“. Mit fortschreitenden
Jahren wird er in der Wahl seiner Mittel immer skrupelloser. Die Bindung
an einen Partner allein genügt ihm längst nicht mehr.
Für den andern da sein
Wahre Freundschaft und Liebe sind wohl nur oberhalb der Schwelle 2,0 auf
die Dauer möglich, denn hier stellen sich die Menschen nicht gegenseitig Fallen, und
sie „beherrschen“ oder „besitzen“ den andern auch nicht: Sie nehmen dankbar hin,
was ihnen an Zuneigung geschenkt wird. Und sie brauchen auch nicht zu befürchten,
dass der andere sie eines Tages mir nichts, dir nichts sitzen lässt. Sie tun vielmehr
alles, um einander immer näher zu kommen: Ihr innigster Wunsch ist es, für den
Partner da zu sein. Solche Menschen bleiben sich treu – nicht etwa aus träger Gewohnheit,
aus Zwang oder aus Furcht, sondern einfach deshalb, weil sie treu sein möchten.
Wer die höheren Bezirke des Gefühlslebens erreicht hat, ist auch imstande,
seinen Geschlechtstrieb zu sublimieren: Seine Liebe ist deshalb nicht allein von der
körperlichen Bindung abhängig. Freilich soll damit nicht gesagt sein, dass ihm das
Sexuelle gleichgültig wäre. Weit gefehlt: Er geht viel erwartungsvoller mit seinem
Partner (oder seiner Partnerin) ins Bett als die Leute auf niedrigen Emotionsniveaus.
Wer sich so liebt, empfindet intensiver als andere (denn das Körperliche wird gewissermaßen
vergeistigt und erhöht).
Wer passt zu wem?
Eine auf den ersten Blick müßige Frage. Selbstverständlich passt ein Mann,
dessen Traum es ist, auf seinem Motorrad durch die Lande zu brausen, nicht zu einer
Frau, die mit Behagen Rosen züchtet. Folglich wird eine Verbindung zwischen
beide mit einem Fiasko enden müssen.
Zwei Personen, die der nämlichen Emotionsspanne angehören, werden hingegen
recht gut miteinander auskommen (falls nicht alle Anzeichen trügen). Das
heißt allerdings nicht, dass sie für alle Zeiten wie die Turteltäubchen schnäbeln werden.
Dies trifft vor allem dann zu, wenn ihre Gefühlsregion unterhalb von 2,0 gelegen ist.
Ich kannte einen Ehemann, der auf 2,5 „daheim“ war, während seine Frau bei
1,5 eingestuft werden musste. Er war ein träger, aber freundlicher Bursche, zufrieden
mit seiner Alltagsbeschäftigung, die weder aufregend noch anregend war. Sein Eheweib
indessen war herrisch und chronisch gereizt. Meist nahm er gar keine Notiz von
ihr und ging seine eigenen Wege. Hin und wieder jedoch sank er auf die Stufe 2,0
und bot ihr dann die Stirn. Nachdem sie einige Jahre mehr oder weniger gut miteinander
ausgekommen waren, landeten sie schließlich in einem stillen „Hafen“. Künftig
gerieten sie sich überhaupt nicht mehr in die Haare, sondern jeder tat, was er wollte.
Auf diese Weise glaubten sie ihre Differenzen zu lösen. Damit waren sie anscheinend
zufrieden. So etwas kann man ein relativ verträgliches „Gespann“ nennen. Ich
möchte dergleichen als eine „individualisierte Zusammengehörigkeit“ bezeichnen.
Eine Ehe zwischen Menschen, die auf „Traurigkeit“ und „Mitleid“ abgestimmt
sind, dient offenbar einem beiderseitigen Bedürfnis. Die Frau beschwört unzählige
Probleme herauf, die sich niemals ganz lösen lassen, während der Mann ihr unaufhörlich
eine übertriebene Aufmerksamkeit schenkt. So verharren beide in ihrer speziellen
Form von Zuneigung, der nichts „Höheres“ anhaftet. Freilich hat eine solche
Ehe auch ihre gute Seite: Mann und Frau passen zusammen wie der Topf auf den
Deckel – emotionell höher stehenden Leuten fallen sie demnach nicht zur Last.
Eine Gefahr kann allerdings bei einem derartigen Verhältnis auftreten: Steigt
der eine Partner auf der Skala, dann hat dies böse Folgen. (Vielleicht wird er befördert
oder auf der kahlen Stelle seines Hauptes wachsen plötzlich wieder Haare.)
Passiert dies oder Ähnliches, dann reagiert die Partnerin natürlich „sauer“;
Das Spiel wird ihr verdorben.
Tun sich Menschen verschiedener Gefühlsbereiche zusammen, dann verlangt
der „Tieferstehende“ besonders viel Zuneigung, hat seinerseits aber wenig als Ausgleich
zu bieten. Er bemüht sich, seine schwach fundierten Ansichten durchzusetzen
und erwartet vom Partner mehr Zustimmung, als er selber zu gewähren bereit ist.
Menschen auf höherer Emotionsstufe trachten stets danach, andere zu verstehen.
Menschen auf tieferen Ebenen dagegen möchten verstanden werden (was ein gewaltiger
Unterschied ist). Nimmt sich aber einer die Mühe, sie zu verstehen, dann
jammern sie dennoch: „Niemand versteht mich.“
Wer sich am oberen Ende der Skala bewegt und demnach viel Liebe verschenken
kann, wird über kurz oder lang feststellen, dass er sein Wohlwollen vergeudet:
Sein „tieferstehender“ Partner vermag seine Liebe gar nicht zu würdigen. Es
ist etwa so, als wolle man einen Krug Wasser in einen Fingerhut schütten. Was bleibt
bei solch törichtem Beginnen übrig? Ein Fingerhut voll Wasser und eine riesige Lache.
Häufig geschieht es, dass Menschen der niedrigeren Geühlsbereiche sich an
andere klammern, die höher gestiegen sind. Dabei erwecken sie den Eindruck, ohne
deren Hilfe kämen sie nicht weiter. Wie Verdurstende bleiben sie ihnen auf den Fersen.
Peinlich für jeden, dem dies widerfährt.
Einst kannte ich einen Mann, der „konservativ“ war, und seine Frau, die „sich
um die Gunst ihrer Mitmenschen bemühte“. Es war fürchterlich. Die beiden besaßen
ein Geschäft. Die Ehefrau hatte es sich offenbar zur Lebensaufgabe gemacht, den
Laden auf Teufel komm raus zu verschleudern. In ihrem Wahn schreckte sie auch
nicht davor zurück, Leuten Geld „zurückzuerstatten“ –und zwar für Waren, die sie gar
nicht in ihrem Laden, sondern woanders gekauft hatten! Sie verstand es, unfehlbar
Personal zu engagieren, das entweder total unbrauchbar oder absolut diebisch war,
die Kunden belog oder ihnen Dinge aufhalste, die sie gar nicht hatten haben wollen.
Nun, der leidgeprüfte Ehemann sah sich dieses wüste Treiben eine Zeitlang mit an
und verlor (erstaunlicherweise) seine gute Laune noch immer nicht. Das merkwürdige
„Wohlfahrtsunternehmen“ seiner Liebsten brachte ihn nachgerade aber doch auf
die Palme. Folglich rutschte er an der Skale auf die Stufe „Zorn“. Fortan sah er seiner
Frau auf die Finger. Doch war auch dieses strenge Gehabe nicht dazu angetan, sie
von ihrem eigentümlichen Benehmen abzubringen: Schlau wie eine Füchsin ersann
sie immer raffinierter Methoden, um sein Geld mit offenen Händen zum Fenster hinauszuschmeißen.
Schließlich schrieb die Frau einige Schecks aus, ohne die Höhe
dieser Beträge überhaupt zu notieren. Als dann der Scheck für die Miete des Ladens
platzte, da platzte auch der Ehemann. In seiner Wut riss er das Scheckbuch in Fetzen.
(Ob er auch sein herziges Ehegespons in Fetzen riss, weiß ich leider nicht,
denn ich habe seither nichts mehr von den beiden gehört.)
Der rhythmische Wechsel
Es gibt eine Vielzahl von Reaktionen, die man als Emotionen bezeichnet.
Manche fallen als Synonyme oder Abstufungen unter dieses oder jenes Emotionsniveau.
Wiederum andere machen sich kreuz und quer auf allen Ebenen bemerkbar.
Hass etwa kommt besonders stark bei den chronisch „Zornigen“ zum Ausdruck.
Es kann aber auch passieren, dass ein Mensch sämtliche Stufen der Gefühlsskala
nacheinander sozusagen „durchhasst“. Vielleicht wurde ihm in seiner Kindheit
beigebracht, vieles zu hassen (oder zu lieben).
Wer von uns kennt nicht den Zustand der „Hassliebe“? Wer ein gesundes Gefühlsleben
hat, empfindet es vielleicht mitunter als wohltuend, sich einmal so richtig
ausweinen zu können. Andern hingegen mag dergleichen zuwider sein.
Zuweilen werden Mut und Feigheit als Emotionen bezeichnet, denn sie lösen
sich ja oft in rhythmischem Wechsel ab. Der wahre Mut ist an der Spitze der Skala zu
finden. Ihm folgen Vorsicht, Gleichgültigkeit und Unmut (Unmut: von 2,0 bis 1,5). Im
gesamten „Furcht“-Bereich begegnen wir der schieren Feigheit. Am unteren Ende
der Skala (auf den Stufen „Mitleid“ und „Gunstbemühung“) wird das Bild durch die
„edlen Taten“ entstellt. Der stets traurige Mensch ist ein Feigling durch und durch.
Wer „wiedergutmachen“ will, hat vielleicht die Neigung, sich als Märtyrer aufzuopfern
(man denke an Leute, die sich bei lebendigem Leib verbrennen, um einen fanatischen
Standpunkt durch ihren Tod zu besiegeln). Die Leute ganz unten schließlich
wissen gar nicht, dass es so etwas wie Gefahr überhaupt gibt.
Hoffnung (oft für eine Emotion gehalten) zählt eigentlich zum oberen Bereich
der Skala. Wir treffen sie jedoch auch in abgewandelter Erscheinungsform auf den
tieferen Stufen an. In der Nähe des „Furcht“-Bezirks wird sie zu einem „Notanker“.
Noch tiefer äußert sie sich als Leichtgläubigkeit. Auf 0,8 und 0,9 ist der törichte
Optimismus ansässig. Eine Stufe darunter gibt sich die Hoffnung bei näherem Hinsehen
als Selbsttäuschung oder Tagtraum zu erkennen. Und wer in den Tag hineinträumt,
ist außerstande, wirklich zu handeln.
Eifersucht
Die Eifersucht ist keine Emotion, sondern die Motivierung einer Emotion. Sie
zeigt sich auf vielen Stufen. Ein Mensch wird eifersüchtig, wenn er die Zuneigung
eines andern entweder wirklich verliert oder sich deren Verlust bloß einbildet. Dann
rutscht er in den meisten Fällen ein wenig auf der Skala in die Tiefe. Je nach seinem
Naturell wird er zornig, ängstlich, auf versteckte Weise feindselig, bekümmert,
„gunstbemühend“ oder apathisch.
Häufig wird ein Mensch eifersüchtig, weil er nicht genug „in Erfahrung bringen
kann“. Die eifersüchtige Frau quält sich mit solchen Fragen ab: „Liebt er mich auch
noch? Ist er mit einer andern ausgegangen? Worüber lachen sie denn bloß?“ Die
große – unausgesprochene –Frage lautet allerdings: „Will er mich loswerden und
eine andere heiraten?“
Leute „oben“ sind nicht eifersüchtig, weil sie sich über alles aussprechen können.
Der Unterschied zwischen Mann und Frau
Was das Emotionsniveau angeht, so gibt es zwischen Mann und Frau kaum
grundsätzliche Unterschiede – außer jenen, die wir der so genannten Zivilisation verdanken.
Den Jungen bläut man ein, sie dürften um alles in der Welt nicht weinen. Auf
diese Weise glaubt man im Ernst, sie zu robusten und „stolzen“ Männern zu machen.
Das Ergebnis sieht ganz danach aus: Kein junger Mensch kann ein „Hartgesottener“
werden, wenn er nicht die Anlage dazu hat. Diese falsche Erziehung bildet unsichere
Kantonisten heran, die bei der ersten schweren Belastung zusammenbrechen müssen.
Verliert ein Mann den Boden unter den Füßen und ist der Tränen unfähig, dann
muss er in die Apathie abgleiten.
Von Mädchen wird verlangt, sie dürften nicht wild und ausgelassen sein, sondern
„damenhaft“ auftreten. Wer darf sich wundern, wenn sie später Klatschbasen
des „Zorn“-Bereichs werden oder anlehnungsbedürftige „Mitleid“-Weibchen?
An der Skalaspitze begegnen wir derartigen Leuten nicht. I Dort kann eine
Frau wagemutig und selbständig sein, ohne ihre Anmut einzubüßen. Ein Mann auf
hohem Emotionsniveau kann sowohl aggressiv als auch mitfühlend sein, ohne seine
„Männlichkeit“ zu verlieren.
Im falschen Augenblick
Sie sollten keine wichtige Entscheidung treffen, wenn Sie vorübergehend nicht
auf Ihrer „Höhe“ sind.
Als ich noch studierte, kannte ich ein Mädchen, dessen Verhältnis in die Brüche
ging. Sogleich sackte sie auf die Ebene des „Grams“. Just als sie dabei war, sich
wieder aufzuraffen (also auf der Stufe „Mitleid“), lief ihr ein junger Mann über den
Weg, der meist vom Gram gebeugt oder ganz und gar apathisch war. Es sah aus, als
hätten die beiden vieles gemeinsam, und – natürlich – brauchte er sie. Also marschierten
sie schnurstracks zum Standesamt. Als ich das Paar zum letzten Mal traf,
war er eifersüchtig, fordernd und immerzu auf Quengeleien bedacht: Ach, wie sehr
brauchte er doch sein liebes Frauchen! Er hatte es in der Tat geschafft: Das früher
so lebhafte Mädchen war von ihm auf die unteren Ränge der Skala festgeschraubt worden.
Ich sagte, man sollte wichtige Entscheidungen nur treffen, wenn man sich
ganz auf der Höhe fühle. Die Schwierigkeit besteht indessen darin, möglichst rasch
wieder auf seine gewöhnliche Höhe zu gelangen.
Das gebrochene Vertrauen
Viele Ehen werden zwar nicht im Himmel geschlossen, aber immerhin auf
ziemlich hohem Emotionsniveau. Meist dauert es freilich nicht lange, und das selige
Paar rutscht in die Tiefe. Die Ursache: Der Partner „fällt“ aus irgendeinem Grund und
kommt nicht wieder auf die Beine. Das Gleichgewicht der Gefühle ist gestört. So etwas
passiert am häufigsten, wenn das Vertrauen gebrochen wird.
Verletzt ein Mensch die ungeschriebenen Gesetze der Gemeinsamkeit, dann
stellt er alles in Frage: Die Existenzkraft wird gelähmt, denn diese Gesetze sollten ja
den Bestand der Ehe gewährleisten. In dem Maße, wie er gegen das gemeinsame
Abkommen verstößt, verliert er auch einen Teil seiner Freiheit: Von nun an muss er
dem Partner gegenüber schauspielern. Solange wir einem andern Menschen alles
sagen können, mögen wir ihn auch, und die Verbindung ist ersprießlich für beide.
Der Partner, der eine gegen den Fortbestand der Ehe gerichtete Handlung
begeht, fällt auf der Skala. Vielleicht verspielt der Mann das Geld für die Miete. Vielleicht
klatscht die Frau beim Kaffeekränzchen über ihn. Jegliche Untreue stößt den
Menschen auf der Stufenleiter abwärts.
Wer ein Geheimnis wahren muss, wird wortkarg, gereizt und nörgelt an seinem
Partner herum. Eine solche Ehe muss auf die Dauer kaputtgehen. Entweder
gewöhnen sich die bei den an ihrem emotionellen Tiefstand, oder sie trennen sich.
Tisch und Bett
Ehe Sie sich entschließen, Tisch und Bett künftig mit einem Menschen zu teilen,
sollten Sie einen gemeinsamen Vorsatz fassen, der Ihrer beider Ziele umreißt.
(Diese Ziele brauchen durchaus nicht die gleichen zu sein, doch dürfen sie einander
auch nicht widersprechen.) Es geschieht häufig, dass ein Mensch seine einmal
gesteckten Ziele der Ehe wegen opfert. Eine junge Schauspielerin etwa gibt ihre viel
versprechende Karriere auf, um fortan nur noch Hausfrau zu sein. Ein Mann schlägt
sich eine Erfindung aus dem Kopf, an der er seit Jahren gebosselt hat, und nimmt
stattdessen mit einem kleinen Pöstchen fürlieb – der Sicherheit halber.
Millionen ernüchterter Ehepaare könnten Ihnen erzählen, dass ihr Partner nie
den zerbrochenen Traum aufwiegen konnte, obschon sie die Frau (oder den Mann)
von Herzen lieben. Aus selbstverständlicher Rücksicht mag es erforderlich sein, auf
einige schlechte Gewohnheiten zu verzichten. Falls Sie jedoch allein der Ehe halber
den großen Traum Ihres Lebens aufgeben sollen, dann ist dieser Preis zu hoch. Eine
eheliche Verbindung ist schließlich kein Selbstzweck. Sie sollte vielmehr dazu beitragen,
dass jeder seine persönlichen Wünsche entfalten und erfüllen kann.
Sind Sie nicht ganz sicher, ob Ihr Partner auch fürs Leben zu Ihnen passt?
Dann machen Sie doch eine Art Bestandsaufnahme: Rechnen Sie die positiven und
negativen Seiten Ihrer Verbindung zusammen. Ein scharfsinniger Freund prägte
einmal diesen treffenden Ausdruck: „Wie ist das Verhältnis zwischen Schmerz und
Freude?“ Damit ist eigentlich alles gesagt:
Gibt der Partner Ihnen mehr Anlass zu Kummer und Sorgen als zur Herzlichkeit,
Wärme, Anregung und freudigen Zustimmung? Beträgt das Verhältnis bloß
50:50, dann sieht die Geschichte reichlich ungewiss aus. Die Sache könnte ins Auge
gehen. Eine wirklich gute Verbindung sollte im Verhältnis 85 (Freude) zu 15
(Schmerz) stehen. Selbst dann werden Sie noch genug Schwierigkeiten haben, um
das leben einigermaßen interessant und aufregend zu gestalten.
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