● 1. Kategorie Prolog > ★ 1.c

✨ Stimmungen des Seins-Langeweile

(1/1)

★ Ronald Johannes deClaire Schwab:
Langeweile  „Langeweile: Mangel an Abwechslung, Überdruss, nicht wissen, womit man sich die Zeit vertreiben soll.“  Man fährt für zwei Wochen ans Meer. Manchmal hört man erst bei der Ankunft auf, sich Gedanken darüber zu machen, ob man auch ja den Gashahn zugedreht hat. Meist dauert es noch einige Tage, bis man beim Erwachen nicht mehr von dem erschreckenden Gedanken geplagt wird, zu spät ins Büro zu kommen. Schließlich entspannt man sich und erfreut sich an der Tatsache, dass man jetzt endlich einmal „abgeschaltet“ hat und nicht mehr unter Druck steht. Man schläft lange, geht zum Schwimmen oder Angeln oder bummelt ziellos durch die Landschaft. Wenn Sie so ruhig geworden sind, dass der Besuch im Krämerladen ein großes Ereignis bedeutet, dann haben Sie den Zustand der Langeweile erreicht. Nun interessieren Sie sich nicht einmal mehr für die wichtigsten Probleme der Menschheit. Viele Leute gelangen auf diesem Emotionsniveau zu einem gewissen Sättigungsgrad: Sie wollen bald wieder aktiver werden. Anders reagiert eine Person, die chronisch auf der Stufe der Langeweile lebt. Sie kennt eigentlich nur ein Lebensziel: nämlich die Zeit totschlagen. Und das verstehen solche Leute meist ganz vortrefflich. Langeweile, die keine ist Allerdings wäre es ein Fehler, wollten Sie Menschen diesem Emotionsniveau zuordnen, die gar nicht dorthin gehören. Zuweilen erweckt jemand den Anschein, er sei ein „Langweiler“, während er sich in Wirklichkeit auf seiner normalen Stimmungsebene befindet und nur die Intensität seiner Empfindungen ein wenig gedrosselt hat. Es geschieht halt im Moment nichts, das imstande wäre, sein chronisches Niveau bloßzulegen. Ein stets apathischer Mensch wird Ihnen berichten, dass nahezu alles auf Erden langweilig sei, weil es eines starken Anstoßes bedarf, um bei ihm eine Reaktion auszulösen. Ein immerzu trauriger Mensch wird sich darüber beklagen, dass ein komischer Film langweilig sei, denn er hatte ja keinen Grund zum Weinen. Wenn man dem "Apathie"er nicht genügend Aufmerksamkeit schenkt, so dass er „Feuer fängt“, dann täuscht er eine weltkluge, übertrieben kritische Langeweile vor. „Was suchen wir eigentlich noch hier? Wollen wir nicht woanders hingehen, um etwas zu erleben?“
Derartige Leute sind gelangweilt (wie es in den meisten Definitionen heißt), weil nichts passiert, das sie anzuregen vermag. Aber sie befinden sich keineswegs auf "Langweiler" der Skala. Der wirklich gelangweilte Mensch beklagt sich nicht und ist auch nicht ungeduldig. Er fühlt sich ganz wohl. Werfen wir doch einmal einen Blick in ein Klassenzimmer. „Gerda, ich hab mich noch nie im Leben so gelangweilt wie jetzt. Wenn der Kerl da vorn nicht bald seine Klappe hält, krieg ich einen Schreikrampf. Quasselt dieser Mensch doch tatsächlich über die Beine der Heuschrecken! Du liebe Güte! Und ich hab mir immer eingebildet, in der Biologie würde man was über Sex zu hören kriegen!“ Drei Reihen hinter dieser jungen Dame, die ihre Empfindungen so drastisch auf einem Zettelchen ihrer Freundin mitteilt, macht ein langer Lulatsch ein Nickerchen. In einer andern Reihe wippt ein finster dreinblickender Jüngling ungeduldig mit dem Fuß. Jeder dieser Drei wird beteuern, wie gelangweilt er sich fühle. Dennoch befinden sie sich nicht auf der Stufe der Langweile. Der wirkliche "Langweiler"er sitzt hinten an der Wand und malt Männchen in sein Heft. Dann schaut er interessiert einer Fliege zu, die über den Tisch summt. Er fragt sich, ob der Lehrer wohl eine Perücke trägt und kommt zu dem Schluss dass das eigentlich völlig egal sei. Er untersucht Staubkörnchen, die in einem Sonnenstrahl tanzen. Er denkt kurz über Heuschrecken nach und sagt sich dann, dass er wohl irgendwann einmal die Lektion durchlesen sollte. Erfinden wir einen denkbaren Vorfall, um das wahre Emotionsniveau kennen zu lernen: Plötzlich zerschmettert ein Stein die Fensterscheibe und landet auf dem Tisch des Lehrers. Papiere flattern durch die Luft. Eine Blumenvase zerschellt am Boden. Der Lehrer springt entgeistert zurück. Ein frostiger Wind peitscht durch den Raum. Ein Mädchen fängt an zu schreien. Andere brechen in Tränen aus. Ein paar Schüler lachen. Einer läuft nach vorn, um nachzusehen, ob der Lehrer verletzt ist. Der "Apathie"er indessen heuchelt bloß Besorgnis. Er überlegt schon, wie er die Geschichte später schön ausschmücken kann. Nach dieser Begebenheit geht jeder gewissermaßen aus seinem Emotionsbereich heraus: Er zeigt sein wahres Gesicht. In der letzten Reihe sitzt unser "Langweiler"er und betrachtet sich gelassen die ganze Bescherung. Er weiß natürlich, dass die Angelegenheit auch gefährlich hätte enden können. Doch stürzt er bei diesem Gedanken keineswegs in Panik. Er blickt aus dem Fenster und fragt sich, woher der Stein wohl geflogen kam, aber er gelangt zu der Folgerung, dass das eigentlich völlig egal sei. Für ihn war dies eine interessante Stunde. Ausgeglichenheit Er ist ein ausgeglichener Mensch. Er schenkt allem seine Aufmerksamkeit. Er möchte unterhalten werden. Ihm gefällt ein gewisses Maß an Aktivität in seiner Umgebung. Sich selber kann er stunden, tage oder gar jahrelang mit ganz unbedeutenden Dingen beschäftigen. In aller Gemütsruhe wäscht er sein Auto, schneidet die Hecken, spielt eine Partie Bridge und betrachtet sich im Fernsehen ein Fußballspiel. Hin und wieder gehen ihm zwar prächtige Ideen durch den Kopf, aber er wird vermutlich kaum einen neuen Treibstoff erfinden, der das Benzin ersetzt. Er wird auch keiner revolutionären Bewegung beitreten. Menschen auf dieser Stimmungsstufe führen im Allgemeinen ein recht zielloses Leben. Sie sind sorglos, gleichgültig und wirken nicht unangenehm. Wahrscheinlich werden sie Ihnen gefallen. Sie brauchen keinen Angriff von ihnen zu befürchten. Ebenso wenig werden sie versuchen, Sie ummodeln zu wollen. Andererseits werden solche Leute Sie aber auch in einer Gefahr nicht warnen. Vielmehr bleiben Sie von ihnen gänzlich ungeschoren. Keine Bange – Aufdringlichkeit ist die Sache derartiger Menschen nicht. Sie geben sich auch gar keine Mühe, Sie in ihren Kreis einzubeziehen. Sie haben nämlich keinen Kreis, und sie geben sich keinem Spiel hin: Sie schauen lediglich den andern (und dem Leben) Beim Gespräch Mit Tatsachen geht ein Mensch der Stufe „Langeweile“ ziemlich nachlässig um. Sie werden ihn jedoch trotz dieser Nachlässigkeit für liebenswürdig halten. Er wird niemals mit Ihnen streiten, weil es ihm gleichgültig ist, ob Sie einer Meinung sind oder nicht. Wenn Sie auf Ihrer Ansicht beharren, wird er lediglich erwidern: „Geraten wir uns doch wegen dieser Lappalie nicht in die Haare.“ Seine Unterhaltung kreist meistens um unwichtige Themen. Wenngleich Ihnen dieser friedfertige Mensch vielleicht alles über die Nachbarn brühwarm auftischen könnte, ist sein Klatsch doch nie bösartig. Ihm ist es auch egal, ob er sich mit Ihnen verständigen kann oder nicht. Wenn Sie sich in irgendeiner Angelegenheit um Klarheit bemühen, wird er Ihre Versuche mit den Worten abtun: „Ach, kommen Sie, das ist doch alles nicht so wichtig.“ Er nimmt die Menschen, wie sie sind – nicht etwa, weil er sich für sie interessiert, sondern weil es gar zu beschwerlich wäre, sich anders zu verhalten. Fragen Sie ihn, ob er es für ratsam hält, diesen oder jenen Mann für eine bestimmte Tätigkeit zu engagieren, und er wird Ihnen gleichmütig antworten: „Ich glaube, der Bursche ist schon in Ordnung.“ Wenn es gefährlich wird Der "Langweiler"er unterschätzt das Ausmaß gefährlicher Situationen. Wenn einer zu ihm gestürzt kommt und keucht: „Ihr Haus steht in Flammen! Beeilen Sie sich! Unternehmen Sie etwas!“, dann wird er entgegnen: „Sachte, sachte. Immer mit der Ruhe.“ Ihm steht eine Auswahl von Plattitüden zur Verfügung, die er in ernsten Lagen zitiert, damit er in nichts „hineingezogen“ wird und folglich auch keine Verantwortung zu übernehmen braucht. Wenn Sie ihm erzählen, dass Sie gerade dabei sind, ein Tätigkeitsfeld zu suchen, wo Sie mehr verdienen können, dann wird er lediglich mit den Achseln zucken und das Thema von sich weisen: „Wo nichts ist, gedeiht auch nichts.“ Er verspürt kein Bedürfnis, sich anzustrengen. Fragen Sie ihn, was er in der letzten Zeit gemacht habe, so wird er Ihnen antworten: „Ach, nichts besonderes. Es ist halt immer noch dasselbe.“ Er trödelt und bummelt. Er hascht nach unnützen Informationen und beschäftigt sich mit Nebensächlichkeiten. Vielleicht erinnert er sich an jedes Fußballtor, das irgendwann und irgendwo einmal gefallen ist, aber es gelingt ihm nicht, sich einer Aufgabe zu widmen, die seine Existenz auf eine solidere Grundlage stellen könnte. Er wird niemals etwas Großes zustande bringen – es sei denn, man zwingt ihn dazu. Sinn für Humor Es gibt einen uralten Witz über die Unterhaltung zweier Engländer. „Es tut mir sehr leid, dass Sie Ihre Frau gestern beerdigt haben“, murmelt der eine. „Nun, was sollte ich machen?“ versetzt der andere. „Schließlich war sie ja tot.“ Der "Langweiler"er wird sich köstlich über diesen Witz amüsieren (und ihn vermutlich auch weitererzählen). Sein Sinn für Humor zeigt sich in seiner Vorliebe für Kalauer. Wenn er selbst witzig sein will, kommen zwar ganz lustige, aber zumeist abgedroschene Wortspiele heraus. Mehr als Plattitüden hat er selten zu bieten. Und obwohl seine Witzchen kaum originell sind, bringt er sie bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit an den Mann. Wirklich originelle Wortspiele gelingen im Allgemeinen nur Personen auf der Stufe Apathie. Eines Tages stand ich vor einem Bauernhaus und wählte ein paar Maiskolben, die auf einem Schubkarren zum Verkauf angeboten wurden. Plötzlich trat der Bauer zu mir. „Dieser Mais sieht aber gut aus“, bemerkte ich. „Richtig. Er ist auch ganz frisch. Erst vor einer knappen Stunde geschnitten. Das weiß ich zufälligerweise ganz genau.“ Dann beugte er sich wie ein Verschwörer zu mir und gab mir sein großes Geheimnis preis: „Ich hab ihn nämlich selber geschnitten. Deshalb weiß ich so gut Bescheid.“ Während er den Mais einpackte und mir das Wechselgeld reichte, freute er sich noch immer über den guten Witz, den er da gemacht hatte. Mit diesen liebenswürdigen Worten hatte der Mann den Gipfel seines Humors erreicht. Noch witziger kann ein "Langweiler"er nicht werden. Nun, dieser Mann war nicht gerade ein Witzbold, aber doch ein ganz netter Kerl.
Liebe und Leidenschaft In seiner Eigenschaft als Vater ist an dem "Langweiler"er wenig auszusetzen. Er ist freundlich und liebenswürdig zu Kindern, mischt sich jedoch nicht weiter in ihre Angelegenheiten. Sollten Sie indessen eine leidenschaftliche Verbindung vorziehen, Schlagfertigkeit, Esprit und übermut erhoffen, dann angeln Sie sich lieber keinen Menschen aus dem Gefühlsbereich „Langeweile“. Er ist nämlich viel zu bequem, um Sie mit glühender Leidenschaft zu verfolgen. Er wird sich auch nie darüber Gedanken machen, ob Sie ihn lieben oder nicht: Er hat einen gesunden Schlaf, der durch Sorgen dieser Art in keiner Weise beeinträchtigt wird. Will der "Langweiler"er im Fernsehen eine langweilige Unterhaltungssendung so recht von Herzen genießen, dann stellt er den Kasten eben an – was Sie darüber denken, ist ihm schnuppe. Nein, ein großartiger Kavalier ist er wahrlich nicht. Immerhin hält er jedoch den Rasen in Ordnung. Im Geschäftsleben Er wirkt zwar nicht so aktiv wie Leute auf niedrigeren Emotionsebenen, macht seine Sache in einem Routinejob aber ganz gut. Seine Mitarbeiter verstehen sich mit ihm. Als Chef ist er weniger geeignet, denn er vermag andere nicht mitzureißen, und er ist auch zu gleichgültig, um sich für ein Unternehmen begeistern zu können. Wenn Sie jemanden mit Ideen suchen, dann zählen Sie besser nicht auf ihn. Es fällt ihm schwer, Entscheidungen zu treffen. Falls Sie ihn fragen: „Was halten Sie von einer großen Verkaufskampagne?“, dann wird er Ihnen wahrscheinlich antworten: „Meinetwegen.“ Er ist nicht sehr beständig, ziemlich träge und kann sich auch nicht recht konzentrieren. Dennoch ist er bemüht, seine Arbeit anständig zu erledigen. Aber nur das – mehr nicht. Zusammenfassung Die Langeweile ist eine Art Apathie auf höherer Stufe. Der „langweilige“ Mensch legt jedoch auch eine gewisse Leichtfertigkeit an den Tag. Seine Aufmerksamkeit wendet sich andern zu. Er ist viel lebhafter und sorgloser als ein in Apathie Versunkener. Dieser Typ ist eigentlich der netteste, dem wir bisher bei unserer Kletterpartie auf der Skala begegnet sind. Wenn es Ihnen schwer fällt, sich an „Langweiler“ zu erinnern, die Sie einmal getroffen haben, dann hat dies einen einleuchtenden Grund: Solche Leute sagen oder tun nur seIten etwas, das im Gedächtnis haften bleibt.
Der "Langweiler"er ist ein Mensch, der seinen Ehrgeiz ruhen lässt. Er ist freundlich und müßig. Er wird die Welt ganz sicher nicht aus den Angeln heben. Er ist weder zufrieden noch unzufrieden. Er möchte vor allem unterhalten werden. Mit einem Wort: Er ist ein Zuschauer.
Kürzlich traf ich einen typischen Konservativen, der mir berichtete, seine Frau habe sich einen neuen Kleiderstoff gekauft, den er persönlich allerdings zu auffällig fände. „Das Dumme an der Geschichte ist, dass ich ihn einfach nicht so elegant finden kann wie sie, und jetzt nimmt sie natürlich an, der Stoff gefalle mir überhaupt nicht. Aber um nichts in der Welt möchte ich sie kränken.“ Mit Problemen dieser Art müssen Menschen der Stufe Konservatismus fertig werden. Verständnis für Jeden Im Allgemeinen vermeidet der Konservatismuser Debatten. Stattdessen hört er sich die Bemerkungen eines jeden an und verkündet danach, „dass eben jeder mehr oder weniger recht“ hat. Obwohl er zu seiner Meinung steht, vermag er doch viel leichter beide Seiten der Medaille zu betrachten, als dies Leuten auf tieferen Stimmungsebenen möglich ist. Wenn seine Mitarbeiter über das Betriebsklima diskutieren, wird er lediglich zu bedenken geben: „Schon gut. Andererseits kann ich aber auch die Schwierigkeiten der Direktion verstehen. Diese Leute haben ebenfalls ihre Probleme.“ Als Gesprächspartner Der Konservatismuser spricht in ruhigem, reserviertem Ton und bevorzugt Plaudereien über das Wetter und die Straßenverhältnisse. Handfestere Themen vermeidet er nach Möglichkeit Wenn Sie ihm mitteilen, dass Sie Ihre Stellung kündigen, Ihr Haus verkaufen oder in einem Boot über alle Meere segeln, dann wird er zwar höflich zuhören. Wenig später jedoch setzt er seinen ganzen Charme ein, um Ihnen Ihr Vorhaben auszureden. (Selbstverständlich wendet er keinerlei Druck an und macht Sie auch nicht lächerlich.) Er argumentiert zugunsten von Sicherheit, Schutz und andern Faktoren, die es Ihnen gestatten, ungeschoren davonzukommen. „Wir haben keine Probleme“ „Die Dinge entwickeln sich gut. Wir haben keine Probleme. „Auf dieser Ebene unterhält sich der Konservatismuser mit Vorliebe. Wenn Sie ihn bitten, Nachrichten weiterzuleiten, wird er dies zuverlässig tun. Schlechte oder sensationelle Nachrichten hingegen bagatellisiert er gern, und wirklich großen, schöpferischen Ideen gegenüber verhält er sich misstrauisch. Ich hörte einmal ein paar Männern zu, die darüber Klage führten, dass Indianer angeblich zu oft Lachs aus den Grossen Seen fischten. Einer von ihnen (Stufe "Wut") meinte: „Wenn wir die Indianer nicht endlich daran hindern, werden bald überhaupt keine Lachse mehr in den Seen leben.“
Der Konservatismuser lehnte es indessen ab, Partei zu ergreifen. Vielmehr erklärte er: „Ich glaube, es ist schwierig, in dieser Angelegenheit ein gerechtes Urteil zu fällen. Ich bin mit der Sache nicht vertraut genug, um mitreden zu können. Aber ich bin sicher, dass beide Seiten ihre ernsthaften Argumente haben.“ Bei der Arbeit Falls Sie einen Menschen suchen, der eine kühne Werbeaktion für Sie aushecken soll, dann wählen Sie keinen Konservatismuser, denn ihm fehlt der rechte Mumm für diesen Job. Brauchen Sie hingegen jemanden für die Buchhaltung, der alle Extravaganzen auf ein Minimum beschränken soll, dann wird der Konservative der richtige Mann sein. Ist nämlich das Endresultat vorausschaubar, dann wird er tüchtig arbeiten. Falls er nicht allzu viele Hindernisse vor sich sieht, wird er sich mit Ausdauer ans Werk machen. Er gibt sich auch mit seiner Arbeit zufrieden. Sie können sicher sein, dass er zu einem guten Teil Verantwortung tragen wird. Das Verhalten eines Menschen der Stufe Konservatismus wird in wissenschaftlichen Kreisen sehr geschätzt: Auf umsichtig durchdachte Weise wird er dem Fortschritt dienen. Stellen Sie sich vor, Sie seien der Chef und beabsichtigten, einem Ihrer Angestellten zu kündigen. Der konservative Mensch zieht es vor, etwas derartiges nicht selbst zu tun: Er möchte niemandem zu nahe treten. (Verwechseln Sie ihn nicht mit dem Menschen auf der „Mitleid“Ebene Mitleid, der sich bemühen wird, Ihnen die Sache auszureden: „Na, so schlecht ist der Mann wiederum auch nicht. Wir sollten ihm doch noch eine Chance geben. Er gibt sich alle Mühe.“) Der Konservative sieht ein, dass der Angestellte im Interesse des Ganzen gehen muss. Sobald er aber Ernst machen soll, wird er über diesen wahren Sachverhalt hinweggehen, damit kein Streit und Ärger entsteht. Statt kurzerhand zu sagen: „Sie sehen doch, dass Sie nichts Vernünftiges zustande bringen“, wird er ein paar trostreiche Worte über die leider notwendig gewordenen Einschränkungen murmeln und dem Entlassenen alles Gute für die Zukunft wünschen. Verlangen Sie von dem Konservatismuser auch nicht, dass er im Geheimen Nachforschungen anstellen möge: Er schätzt das DetektivSpiel durchaus nicht. Da er überhaupt nicht neugierig ist, glaubt er fest daran, dass man die Rechte anderer zu respektieren habe. In der Familie Die Kinder von konservativen Eltern wachsen meist zu recht tüchtigen Erwachsenen heran. Der Konservatismuser interessiert sich nämlich für seinen Nachwuchs. Er zwingt den Kindern seinen Willen nicht auf: Vielmehr ermuntert er sie dazu, ihre eigene Meinung zu äußern. Er wird schockiert sein, wenn sein Sohn in Lumpen herumläuft und seine Tochter keinen Büstenhalter trägt. Doch wird er (wenn überhaupt) nur milde Vorwürfe machen. Zwar steht er seinen Kindern mit Rat und Tat zur Seite (konservativem Rat und Tat selbstverständlich). Andererseits jedoch gestattet er ihnen, sich ihre Freunde nach Belieben auszuwählen. Er mischt sich auch höchst selten in ihre Lebensführung und ihre Beschäftigungen ein. Sie könnten etwas weitaus Schlimmeres anstellen, als einen Menschen der Stufe Konservatismus zu heiraten. Er wird Ihre Zuneigung ebenso warm beantworten, wenngleich es ihm vielleicht ein wenig schwer fällt, seine Empfindungen zu zeigen. In der Öffentlichkeit wird er Ihnen wohl kaum je ein Ständchen bringen. Handelt es sich bei der konservativen Person um eine Frau, dann wird sie vermutlich auch keine modischen Albernheiten mitmachen. (Sie brauchen also nicht zu befürchten, dass sie eines Tages oben, unten, vorne oder hinten „ohne“ angetanzt kommt.) Ihre Liebe indessen wird beständig sein und sich bewähren. Zwei Menschen auf diesem Emotionsniveau werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach die Treue halten. Sie sind schlicht gesagt zufrieden. Zusammenfassung Sollten Sie je auf den Gedanken verfallen, einem Menschen der Stufe Konservatismus weiszumachen, es gäbe auf dem Saturn Leben, dann wird er Ihnen entgegnen: „Natürlich haben Sie ein Recht auf Ihre Meinung. Aber ich möchte nicht behaupten, dass auf dem Saturn Menschen leben. Dazu müsste ich zunächst Beweise haben.“
Der Konservative ist der Auffassung, man solle nie den ersten Schritt tun. Er ist ein Mitläufer, kein Entdecker.

Navigation

[0] Themen-Index

Zur normalen Ansicht wechseln